Mein Wort zum Sonntag: große und kleine Abschiede fordern

Zurück in Deutschland - mein Urlaub ist zu Ende. Es wartet jetzt kein stressiger Job auf mich, dennoch ist mir der Abschied von meiner kanadischen Lieblingsinsel nicht so leicht gefallen. Das Schöne ist, ich werde wieder und wieder dorthin fliegen, es ist also kein Abschied für immer.

Tod ist ein Abschied für immer - "nie mehr..."

Dies ist die schwierigste Form des Abschiednehmens, weil es einem so hoffnungslos vorkommt. Nach dem Tod meines Mannes habe ich erst einmal überall die Wörtchen "NIE MEHR" gefühlt.

Nie mehr: gemeinsame Urlaube, Gespräche, Tennismatches, Theaterauftritte, Singen am Lagerfeuer, Spielen, Lachen und Diskutieren mit den Kindern, (Familien-) Feiern gemeinsam gestalten oder wahrnehmen, Gartenarbeit, Kino, Konzerte, Tanzen...

Diese beiden Wörtchen verlieren mit der Zeit an Schärfe, begegnen mir aber immer mal wieder in besonderen Momenten. Mein Mann hat das Erwachsenwerden unserer Kinder nicht miterleben und seine beiden Enkel nicht kennen lernen können. Bei vielen Anlässen war ich allein und es gab kein "gemeinsam" mehr... Hilfreich war es für mich, einen neuen Weg zu finden und neue Herausforderungen (neben den neuen alltäglichen) zu entdecken.

Aufräumen - was soll in meinem Gepäck bleiben?

Während ich in unserem Dorf Ratschläge älterer Damen hörte wie: "Arbeit ist das Beste. Sofort wieder loslegen und nicht Trübsal blasen!", war mir klar, dass ich erst einmal wirklich trauern muss und auf eine gewisse Art aufräumen muss mit der Vergangenheit. Das Alte festzuhalten lässt keinen Raum für Neues...
Ich habe getrauert, ich war verzweifelt, ich bin 8 Wochen in der Reha gewesen, ich habe viele Gespräche geführt, viele Spaziergänge gemacht, Einladungen angenommen und abgelehnt...

Abschiedsritual

Ich weiß um die Kraft von Ritualen und habe mir deshalb ein kleines eigenes kreiert. An unserer Feuerstelle im Garten habe ich in einer lauen Sommernacht meinen Erinnerungs-Koffer durchforstet am Lagerfeuer... Dabei ist ganz viel in den Flammen aufgegangen und als Rauch gen Himmel gezogen. Ich habe Rotz und Wasser geweint beim Lesen der Briefe etc. - ab und zu gelacht... Meine Vergangenheit schrumpfte auf wirklich ganz wenige Zeit"dokumente" zusammen... Es war wie ein Abschluss des ersten Teils meines Lebens.

Mein neuer Partner war ja eigentlich auch schon "in Sicht" und ich wollte Klarheit für mich und meine Gefühle. Die Erinnerungen an meinen Mann habe ich in dieser Nacht noch einmal durchgefühlt und inhaliert. Bilder und Worte "abgespeichert" in meinem Herzen... Zwiesprache mit meinem Mann gehalten und wir haben uns (in meiner Vorstellung) liebevoll verabschiedet - ich habe nichts zu bereuen oder zu beichten gehabt (das eine oder andere Mal war ich schon ungerecht, schlecht gelaunt oder unachtsam gewesen, das ja) ... Manchmal rede ich auch heute (nach 14 Jahren) noch mit meinem Mann (in meinem Kopf/Herz).

Diese Nacht werde ich nie vergessen. Ich trage sie bei mir, in mir und mit ihr all die Erinnerungen, die ich behalten will. Sie sind inhaliert und abgespeichert in jeder Zelle meines Körpers, sie gehören zu mir, aber ich halte mich nicht an ihnen fest. Ich bin wieder freier und offener geworden in dieser Nacht und lebe mein Leben intensiver und bewusster als vorher.

Ich weiß, es kann jeder Zeit alles auf einmal ganz anders sein.

Kleinere Abschiede und was ich gelernt habe

Mein Urlaubsabschied braucht nun natürlich kein nächtliches Aufräum-Brennen, aber kleinere Rituale (ich nenne sie einfach mal so) sind für mich sinnvoll - allerdings bereits während der gesamten Urlaubs-) Zeit! Unser erstes großes Lagerfeuer mit Smöres (Marshmallows mit Keks und Schoki) und meinen Enkeln, das erste gemeinsame Baden im kühlen Wellen-bewegten Atlantik, die wunderschöne (herbstliche) Landschaft, unser kleines - jetzt fertiges - Häuschen, die sternenklare Nacht mit so vielen Sternen, dass einzelne Sternbilder schwer zu entdecken waren, Kojotengeheul in der letzten Nacht und einen kleinen Regenbogen am Morgen, ein kreisender Adler, ein zutrauliches wildes Eichhörnchen, berührende Gespräche mit unseren "Nachbarn", herzerwärmende Konzerte... Ich habe all diese Momente inhaliert und abgespeichert, innerlich "fotografiert", so dass ich sie alle mitnehmen kann. Ich bin (meistens) in solch intensiven Momenten sehr präsent und genieße sie total. (Gerade fallen mir noch so viele andere Momente ein... - und das nur, weil ich in diesem Gefühl grad drin bin...)

Fotos habe ich natürlich auch gemacht, aber für mich ist dieses "Einatmen" mit allen Sinnen noch stimmiger, tiefer gehend und vor allem überall abrufbar. Dies kann mir niemand nehmen.

Ich weiß, alles ist jeder Zeit wieder abrufbar.

Mein Wort zum Sonntag:

Sei präsent und fühle das Leben!

 

Fotos: pixabay, Collage: Canva

Mein Wort zum Sonntag:

Episode 1 Was ist ein Mensch wert?
Episode 2 Wem nutzen Froh-Sinn und Spiel-Chaos auf Steemit?
Episode 3 Steemit - Quo Vadis?
Episode 4 Mensch - Quo Vadis?
Episode 5 Bildung - Quo Vadis?
Episode 6 Die Kunst des Schreibens - Erwische den richtigen Flow
Episode 7 Prioritäten - Flow oder Perfektion?
Episode 8 Alles Leben kommt aus der Natur
Episode 9 Der Ton macht die Musik
Episode 10 Kinder als Zielgruppe im Visier
Episode 11 Regenbogen und Zebra als Freund und Helfer bei Stimmungstiefs
Episode 12 Train your brain
Episode 13 Urlaub - Steem ON und Steem OM
Episode 14 Thanksgiving - Erntedank Einmal im Jahr dankbar sein
Episode 15 Egal was kommt, mach was draus!

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