Mäx im Wildpark

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Die Rufe meiner riesigen Fangemeinde nehme ich durchaus wahr, doch leider hatte ich mal wieder Pfote. Und wenn hund Pfote hat, dann... Entschuldigung, den Spruch mit der Tippbehinderung (ungleich Schreibblockade) gab's ja bereits.
Diesmal legte mich für drei Wochen eine Verletzung am Ballen lahm, die ich mir während eines meiner unbeobachteten Jagdausflüge zuzog, wegen derer hier ein vermeintliches Schlupfloch im Zaun nach dem anderen notdürftig geflickt wird. Wie sinnlos dieses Unterfangen ist, muss ich wohl nicht erwähnen, denn ihr wisst ja, dass ich erstens sehr plietsch und zweitens extrem sportlich bin. Doch zurück zur Körperbeschädigung: Ein Schnitt. Ein tiefer Schnitt von mindestens 10 Zentimetern. Frauchen behauptet, es wären maximal 1,5 Zentimeter gewesen, aber es hat entweder kein realistisches Verständnis von Längenmaßen oder noch nie etwas von Männergrippe gehört. Trotz hervorragender Erstversorgung - ich habe ein taffes Frauchen, das beim Anblick der klaffenden Fleischwunde und unzähliger Liter in Strömen fließenden Blutes gar nicht aus den Latschen kippte - hat sich die Schramme entzündet, weil ich den Verband abpulte und unverhohlen im Dreck spazierte. So blieb mir ein Besuch beim Tierarzt nicht erspart.

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Beim Veterinär bekleckerte ich mich nicht unbedingt mit Ruhm, so dass ich an dieser Stelle auf einen ausführlichen Bericht samt indiskreter Bilder verzichte. Obwohl den ein oder anderen Rüden unter euch vermutlich die Strategie interessieren würde, wie man es schafft, dass sich gleich zwei zuckersüße Tierarzthelferinnen mit dem gesamten Oberkörper kraftvoll an dich schmiegen, wobei eine dir wiederholt lieblich ins Ohr säuselt, wie tapfer du bist, während die andere dir unentwegt Leckerlis in die Futterluke schiebt.
Zunächst muss ich einige abgrundtiefe Erniedrigungen mental verarbeiten. Erkläre mir doch mal einer, wie man einem ausgewachsenen Rüden einen rosafarbenen Gummihandschuh zum Schutz des Verbandes vor Feuchtigkeit überziehen kann! Peinlich! Im Dorf konnte ich mich wohl erstmal nicht blicken lassen. Zudem bat Frauchen den Arzt, mir, wenn wir schonmal dort wären, ins Maul zu schauen, ich würde daraus unangenehm riechen. Welch Schmach vor den Ohren der so zauberhaften Tierarztschnecken! Ich hätte hartnäckigen Zahnbelag, der nicht von der Ernährung mit Billigfutter stammen könne, denn meine Leute bereiten Nuka und mir stets frisches Futter (z.B. rohes Hühnchenfleisch mit Haferflocken und geraspelten Möhren) zu. Auch der wöchentliche Galloway-Knochen würde augenscheinlich nicht für eine ausreichende Zahnreinigung sorgen, so dass nur regelmäßiges Zähneputzen zur Beseitigung des Mundgeruchs infrage käme. Frauchen könne nun für € 5,99 eine spezielle Hundezahnbürste käuflich erwerben oder für € 0,29 eine weiche Babyzahnbüste. Inständig betete ich, Frauchen wäre nicht der Geiz-ist-geil-Mentalität verfallen. Vergeblich.

Die fortan zu fressenden Antibiotika ermüdeten mich nicht so stark, als dass ich mich nicht umgehend des rosa geschützten Verbands entledigte und morgens direkt auf Zwutsch ging, weshalb ich stark blutend wieder beim Tierarzt auf der Matte stand. Frauchen müsste besser aufpassen, die Wunde bräuchte Ruhe zum Heilen. Und so erhielt ich neben einem Attest für den Schulunterricht (grenzt an Höchststrafe) Stubenarrest und selbst auf dem Grundstück absoluten Leinenzwang. Nicht mal beim Erledigen der Notdurft wurde meine Privatsphäre respektiert!
Bis auf den Verbandswechsel alle zwei Tage gab es in meinem nun elenden Hundeleben keine Abwechslung, ich hatte tödliche Langeweile. Zudem war die Luft zuhause dick, was ich nicht nur an der Aussage "Das wird dir alles vom Taschengeld abgezogen!", als die erste Rechnung des Tierarztes eintrudelte, schmerzlich erkennen konnte.

Wann immer ich unter Zuhilfenahme meines großen schauspielerischen Repertoires, um dem Stubenarrest zu entfliehen, verkündete, ich müsste ganz dringend mal pinkeln, hieß es "Hör auf zu nerven, du bist selbst schuld!" Ich ergab mich meinem Schicksal und lenkte mich damit ab, Nuka an der Wamme zu ziehen oder in ihren Schwanz zu beißen. War auch nicht richtig, niemand schien mich mehr zu mögen.
"Das Tier ist nicht ausgelastet, es braucht was für'n Kopf!" Huch? Sollte Gnade vor Recht ergehen und ich dürfte wieder zur Schule? Beim Sportunterricht könnte ich mich ja auf die Bank setzen, das müssen die läufigen Hündinnen auch... Nein. "Wir fahren in den Wildpark Eekholt, dort soll der Bursche mal lernen, dass man nicht jeder Wildspur hinterherwetzen muss!"

Ob des pädagogisch wertvollen Nachsatzes, hatte ich überhaupt keine Lust auf den Ausflug. Doch nun muss ich zugeben, dass es ein wunderbarer Tag wurde, an dem ich abends Muskelkater in den dauerhaft aufmerksam nach vorn gespitzten Ohren verspürte. Zwar ließen sich Wölfe und Füchse, mit denen ich mich allzu gern über erfolgreiche Jagdstrategien unterhalten hätte, aus ihren Unterschlüpfen heraus nicht blicken, dennoch war es unglaublich spannend im Wildpark, ich hatte endlich mal wieder Spaß.

https://ipfs.busy.org/ipfs/QmWLeW3Hff2UPXrKsqKgaouN4DrPA2Td4zHaRnXBoHdGtt Der Sika-Bock zeigte ebenso viel Interesse an mir, wie ich an ihm...
https://ipfs.busy.org/ipfs/Qmbetkm3ASUR1Jwyo8KuUqkUNtQcSqofxeyEyKW4a5pYic ...während der Otter mir nur die nasskalte Schulter preisgab.


https://ipfs.busy.org/ipfs/QmWxGHDp3R1JAgE7vkDugNJxLKdj1jrD4barnNLSC6aoqc Einen Eisvogel konnte ich bei allen Kletterbemühungen nicht erspähen...
https://ipfs.busy.org/ipfs/QmfNKXdY1vjxANrcaU7piYb7Ufdn9haubf4mnCe8GEubAZ ...aber die Bedeutung von "Spiel nicht wieder 'Wilde Sau'!" erahnen.

Am Ende durfte ich mich noch in der Königsdisziplin beweisen: Vorsitz ohne Leinenzugriff mit aufmerksamen Blick zum Hundeführer. Ey, wisst ihr, wie schwer das ist mit 'nem Hirschen im Nacken? Da läuft vor Stress der Sabber, da klopft das Herz. Jagdtrieb ist Jagdtrieb und ich fürchte, ich werde es wieder tun...



Selbstverständlich war auch meine Stiefschwester Nuka beim Ausflug dabei, doch sie hat davon nicht viel zu berichten. Als Herdenschutzhund nimmt sie alles mit stoischer Gelassenheit, tritt nur in aufgabenspezifische Aktion, sobald sich ein Wolf der Herde nähert. Und da Herr Isegrim wie gesagt nicht in Erscheinung trat, konnte sie sich nur wundern, weshalb ich nicht allein auf meiner eigenen Matte schlafen wollte und am helllichten Tag todmüde aus dem tiefsten Traum heraus hohe Jagdlaute von mir gab.

Tschüss, euer Mäx




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31.10.2019


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