Die Anzieh-Sache im Feuer-Ritual

Vorgestern wachte ich mit einem sehr eindeutigen Gefühl für Veränderung auf.  Ich beobachtete ihr unsichtbares Auftreten schon vor drei Wochen. Sie war in meinen Gedankenstrom eingezogen, trug einzelne Gedanken wie Pantoffeln an ihren Füßen, mit denen sie durch mein Gehör schlurfte. In ihrem Begehren war sie ganz unauffällig geblieben, bis sie plötzlich in mein Leben eingriff. Sie sortierte ein Kleidungsstück aus und befehligte es in den Müll. 

Moment mal, antwortete ich, denn es war in keiner Weise verschlissen. Ich hatte es auch nur ein paar Monate getragen. Dazu noch selbst genäht. Nachdem ich aber ein krasses Erlebnis darin gehabt hatte, fühlte ich mich sofort unwohl, sobald ich es trug. Was konnte das Kleidungsstück dafür? Ich entschied es nicht in den Müll zu werfen, sondern lieber weiterzugeben. Es landete erstmal im Keller bei der Wäsche. Halbherzige Kompromisse würde ich machen, grunzte mir die Veränderung zu. Und heute, 3 Wochen später musste ich eingestehen, dass das Kleidungsstück immer noch da rum lag.

Also ... lief ich runter in den Wäschekeller ... 

In meinen Händen fühlte sich das Kleidungsstück nach wie vor gut an. Ich mochte den Stoff, die Knöpfe, doch sobald ich es anziehen würde, da war ich mir sicher, stellte sich das unwohle Tragegefühl wieder ein. Jemand warf bei mir diese handgeschriebene Karte ein ...

Dennoch entschied ich mich, dass es um so etwas persönliches ging, dass nicht mit Weitergeben, aber auch nicht mit der Mülltonne getan war.

Jedes Jahr im Herbst mache ich Kräutersticks aus dem Beifuß und anderen Kräutern meines Gartens. Ich wickelte jetzt das Kleidsstück herum, allerdings nicht ohne vorher die Knöpfe abzutrennen. Vielleicht einäschern, war mein Gedanke.

Für die innere Sammlung, dem Nachspüren in der Tiefe meiner Person, was ich wirklich einzuäschern hatte, wollte ich mir Zeit nehmen. Zum Verständis: Guten Mutes hatte ich 2015 ein Arbeitsvorhaben begonnen, in dem ich einen Prozess hineingekommen war, der mit Schikane einher ging, in subtiler, nicht einfach zu fassender Weise, die mich erschütterte. Als ich begriff, das ich durch dies Erlebnis in die Gefühlswelt meines Elternhauses zurückversetzt worden war, begann eine sehr eindrückliche Phase in meinem Leben in der das ostpreussische Kriegstrauma des zweiten Weltkrieges meiner Eltern, besonders das meiner Mutter wie ein Hurikan heraufzogen kam. Drei Jahre hatte ich für die Aufräumarbeiten gebraucht. 

Meine Freundin kam dann zu Besuch. Während wir es uns in der Sonne (vor meinem Haus) gemütlich machten, bei Tee und Kuchen, konnten wir gut reden.

Meine Freundin und ich kommen beide aus Elternhäusern, die uns eine verquerte verkehrte irritierende Gefühlswelt mitgaben. Über diese Erfahrungen und wie die kindlichen Gefühlslagen persönlich immer noch in unsere Gegenwart einschlugen, wie Bälle, die aus dem Nichts auftauchten, hatten wir schon oft gesprochen. Vorgestern suchte ich jedoch die gesamte Irritiation, Ohnmacht (Gewalt) und Verlassenheit meiner Kindertage in Bezug auf mein Unwohlsein im Kleidungsstück zu begreifen. 

Nachdem wir zwei Stunden geredet hatten, in Worte lässt sich vieles fassen, fehlte mir immer noch die wesentliche Gefühlserkenntnis in Bezug zum Kleidungsstück. Doch gleich nachdem meine Freundin mit dem Auto weggefahren war, stieg es Knall auf Fall auf - Mobbing Ade, das war die Antwort. Die Ohnmacht, die meine Kindheit vergiftet hatte, hatte sich wie Blaupausen in meine spätere Ausbildungssituation, im Berufsleben und auch in Beziehungen durchgeschlagen. Nun war ich bereit das Feuer anzünden.

Während ich dort saß und in die Flammen schaute, durchlief ich gewisse Gefühlssituationen noch einmal, die eine und andere Erkenntnis kam herbei, bis der Zeitpunkt gegeben war das Kleidungsstück ins Feuer zu geben und gut Holz nachzulegen. Ich blieb noch eine ganze Weile sitzen und ich spürte wie es gut war, einfach nur gut. 

Ich habe jetzt den Eindruck mit dem Thema wirklich durch zu sein, nach gefühlten tausend Jahren meines Lebens ... durch alles, was ich bis dahin dazu erarbeitet hatte, waren ja bereits die dicken Brocken gelöst wurden. Ob ich meine Andockstelle für solche Erfahrungen nun tatsächlich ganz eingeäschert habe, wird sich in neuen Erfahrungen ausdrücken. So wie ich das Leben kenne, wird mir bald Gelegenheit dazu gegeben sein dies zu prüfen.

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