Flugangst: Was dir niemand erzählt und wie du endlich in Ruhe fliegen kannst

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Sie ist weit verbreitet und schrängt das Leben vieler Menschen teilweise massiv ein: Die Flugangst.

Während andere dir vorschlagen werden, einfach ein paar Statistiken zu lesen, geht dieser Arbeit viel tiefer, nämlich direkt zu der Angst. Rationalisierungen und Statistiken folgen in diesem Artikel auch, allerdings ist Angst viel stärker, als ein paar Zahlen.

Die Auslöser für die Angst sind folgende:

  • Angst vor Kontrollverlust
  • Raumangst (Klaustrophobie)
  • Platzangst (Agoraphobie)
  • diffuse/irrationale Ängste

Auf all diese Ängste möchte ich in diesem Artikel eingehen. Ich zeige dir außerdem Übungen, die deine Angst direkt ansprechen und sie dauerhaft in dein Leben integriert, sodass du nicht mehr den Drang verspürst, sie von dir wegzuschieben.

Was die Flugangst aufbaut, ist nämlich nicht die Angst an sich, sondern unsere Haltung ihr gegenüber.

In diesem Artikel zeige ich dir also:

  1. Wie sich Angst und Verstand unterscheiden und wieso wir dieses Wissen benötigen
  2. Eine Übung aus der kognitiven Verhaltenstherapie, mit der du eine neue Haltung zu deiner Angst aufbaust
  3. Wie du diffuse/irrationale Ängst durch Rationalisierung auflösen kannst
  4. Praktische Übungen und Hinweise für den Flug

1. Angst und Verstand

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Quelle: Pixabay

Angst ist ein Gefühl. Kein Gedanke. Das ist offensichtlich, ich weiß. Allerdings ist es aus folgendem Grund wichtig:
Angst platziert sich nicht auf der Verstandesebene. Es entsteht im Gehirn in einem Sektor, der älter und stärker ist, als der Verstand, da sie eigentlich unser Überleben sichern soll.

Wenn uns jemand angreift (Gefahr für unser Leben) fragen wir uns nicht:

"Okay. Warum tut er das gerade? Kennen wir uns? Und wo hat er wohl sein Messer gekauft? Sieht spitz aus."

Würden wir in Gefahrensituationen zuerst nachdenken und dann handeln, wäre unsere Spezies schon ausgestorben. Das hat die Natur allerdings nicht so vorgesehen.

Da die Flugangst keine Angst ist, die unser Überleben sichern müsste, dürfen wir ihr Fragen stellen. Ja genau, du darfst deiner Angst eine oder mehrere Fragen stellen.

2. Die Angst akzeptieren (Übung)

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Quelle: Pixabay

Die folgende Übung ist eine Mischung aus der kognitiven Verhaltenstherapie und der systemischen Therapie.

Schreibe auf einen kleinen Zettel ANGST und auf einen anderen Zettel ICH.

Lege die Zettel nun so gegenüber auf den Boden, dass du dich an diese Stelle setzen kannst und die andere Seite sozusagen ansehen kannst. Das sieht dann so aus:

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Lege an die Stelle, an der der Zettel mit ANGST liegt, ein Handtuch, sodass du einen Gegenstand hast, mit dem du arbeiten kannst.

Setze dich dann hinter das ICH und schaue die ANGST an.
Stelle ihr die folgende Frage:

"Wovor hast du Angst, wenn wir in das Flugzeug steigen?"

Setze dich nun an die Stelle hinter dem Zettel mit der ANGST und schaue dein ICH an.

Warte auf eine Antwort. Provoziere sie nicht. Du musst nichts erfinden. Das, was du auf diese Frage antworten wirst, kann voller Ängste sein. Falls Ängste aufkommen, erkenne sie einfach als etwas, was vollkommen natürlich ist.

Eine Antwort, die von mir kam, als ich diese Übung gemacht habe:

"Ich habe Angst, dass wir in ein Unwetter geraten und abstürzen. Das würde niemand überleben."

Das ist natürlich die Angst, die die Meisten haben. Setze dich wieder die Stelle hinter dem ICH.

ACHTUNG: Beginne bei JEDER Angstbewältigung unbedingt damit, dass du dir zuerst ERLAUBST Angst zu haben. Gehe nicht sofort in die Abwehrhaltung oder Rationalisierung. Ein Gefühl wie die Angst interessiert sich erst einmal überhaupt nicht für deine Argumente. Akzeptierst du sie nicht, verdrängst du sie. Sie wird stärker und es wird schwieriger, fast unmöglich, mit Rationalität oder anderen Dingen zu arbeiten. Folgendes ist möglich:


"Ich verstehe, dass du Angst hast. Das ist ein wirklich unangenehmer Gedanke, das muss ich zugeben. Davor hätte ich > natürlich auch Angst, deshalb erlaube ich dir das total, Angst zu haben."

ANMERKUNG: Dein Text darf variieren, du darfst Wörter austauschen. Sei dabei RADIKAL und EINFACH in deiner Ausdrucksweise. Bedeutet, dass du hier nicht mit einem Erwachsenen redest, sondern irgendwie mit einem kleinen Kind, das Angst hat. Verwende keine langen Sätze oder komplizierte Wörter. Halte dich kurz, aber wirkungsvoll. Kraftvolle, akzeptierende Ausdrücke sind:


"Das darf sein. Ich erlaube es absolut."
"Ich verbiete es nicht. Lass es so. Es ist okay."
"Ja, das ist voll in Ordnung. Sei so, fühle es. Es darf so sein."

Setze dich wieder an die Stelle hinter der ANGST. Nimm nun das Handtuch in den Schoß, das deine Angst repräsentiert. Stelle dir vor, dass sich in diesem Gegenstand die Ängste sammeln, die du nun spürst, wenn du die Flugangst in dir hast und sie gleichzeitig akzeptierst.

Wiederhole ein paar akzeptierende Sätze, während du das Handtuch wie ein Baby in den Armen wiegst. Erlaube der Angst, dass sie sein darf. Erlaube ihr, dass sie sie da ist und du sie akzeptierst.

ANMERKUNG: Wenn du diese Übung liest und (noch) nicht durchführst, mag dir das eigenartig, lustig oder lächerlich vorkommen. Gehst du allerdings in der Übung vollkommen auf, indem du die Angst akzeptierst, kommt es in den meisten Fällen zu Gefühlsausbrüchen, die die Ausführenden so in ihrem Leben noch nie erlebt haben. Für manche ist das das erste Mal, dass sie sich erlauben, Angst zu haben. Das ist unglaublich befreiend.


Lege das Handtuch wieder ab, sobald du glaubst, dass du in dir etwas gespürt hast. Viele fühlen sich dabei befreiend, als ob ein Knoten um ihren Brustkorb gelöst worden wäre. Sie atmen ein paar Mal tief ein und aus. Manche bekommen Tränenausbrüche, die denen eines kleinen Kindes ähneln.

Da du in diesem Moment mit deiner Angst in Kontakt bist und für sie eine Schutzperson bist, wirst du zwischen dem beschützenden Zustand und dem ängstlichen Zustand (Kind) hin und her wechseln. Das löst die Gefühle aus.

Setze dich wieder an die Stelle hinter dem ICH, sobald du dich dazu bereit fühlst. Nachdem du die Angst akzeptiert hast, darfst du ihr ein paar Dinge erklären:

"Ich werde die ganze Zeit an deiner Seite sein und dich nicht alleine lassen. Ich bin für dich da. Ich habe schon ein wenig über Flugzeuge gelernt, weißt du. Das hilft uns ein wenig. Zum Beispiel stürzt ein Flugzeug nicht einfach ab, wenn die Triebwerke ausfallen. Es gleitet einfach weiter. Ca. 200km kann es noch fliegen und dann landen, manchmal sogar auf dem Meer. Das ist total cool, oder?!"

Du kannst die Übung fortführen, wie es für dich in diesem Moment passt. Vielleicht möchte dir die Angst noch etwas sagen. Vielleicht fühlt sie sich ja besser. Wechsel ein wenig die Seiten. Baue immer mal wieder akzeptierende Worte ein, wie "das verstehe ich" oder "ja, du darfst absolut Angst haben".

3. Diffuse Ängste: Alles nur im Kopf

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Quelle: Pixabay

Im Jahr 2011 hat das Statistische Bundesamt die Werte für fünf Verkehrsmittel berechnet: Pkw, Bus, Bahn, Straßenbahn und Flugzeug.

Sowohl bei den Verletzten als auch bei den Getöteten war die Reihenfolge dieselbe.

Mit Abstand am Gefährlichsten war

  • das Auto (276 Verletzte und 2,9 Tote pro einer Milliarde Personenkilometer)
  • dann folgten der Bus (74/0,17)
  • die Straßenbahn (42/0,16)
  • und die Bahn (2,7/0,04)

Am Sichersten war das Flugzeug: 0,3 Verletzte. Es gab so wenige Tote (0,003), dass die Statistiker den Wert auf null abrundeten.

Zahlen anders ausgedrückt:

Einer Studie des Massachusetts Institute of Technology zu Folge, ist die Wahrscheinlichkeit
bei einem kommerziellen Flug ums Leben zu kommen

  • 1 zu 45 Millionen, das bedeutet, dass ein Mensch 123.000 Jahre lang jeden Tag fliegen könnte und dennoch unbeschadet bleiben würde
  • das Risiko beim Fahrradfahren tödlich zu verunglücken beträgt 1 zu 4.982
  • beim Motorradfahren 1 zu 907
  • und beim Autofahren 1 zu 415.

Diffuse/irrationale Ängste entstehen dadurch, dass wir etwas überbewerten, was rational gesehen nicht überbewertet werden sollte. Medien berichten nicht täglich über viele Menschen, die im Straßenverkehr sterben, allerdings wochen-/ teilweise monatelang über Flugzeugunglücke.

Unbewusst entsteht der Eindruck (wie gesagt, wir denken darüber nicht nach, bis wir dann mal bewusst darüber nachdenken), dass viel mehr Menschen in der Luft sterben, als an Land. Das ist, wie du gesehen hast, schlichtweg falsch.

Genauso ist es falsch, dass jeden Tag in Europa Menschen durch Terroranschläge sterben.

Was schätzt du, wieviele 2016 durch Terror in Deutschland gestorben sind? Nur so vom Gefühl her.

Also von meinem Gefühl her waren es mindestens 300.

Es waren 12.

4. Im Flugzeug: Dein Wissen angewandt

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Quelle: Pixabay

Dann ist es soweit. Du sitzt im Flieger. Ist das dein erster Flug oder seit langer Zeit wieder der erste Flug, suche dir eine kurze Strecke heraus, vielleicht mit Zwischenstopp. In der Angstbewältigung gilt der Grundsatz der "Konfrontation". Der Angst die Entscheidungen über das Leben zu überlassen wird dich nicht von der Angst befreien.

Auch wenn Konfrontation nicht angenehm ist, müssen wir unser Gehirn "umprogrammieren". Wir zeigen ihm im Prinzip:

Siehst du. Alles gut. Wir überleben.

1. Tabletten

Nimm dir genau eine Tablette mit, die du in der Hosentasche hast. Für leichte Ängste eignet sich Johanneskraut. Für stärkere Ängste gehe bitte zu einem Psychiater/Neurologen, der dir verschreibungspflichtige Medikamente, wie z.B. Xanax, verschreiben kann/darf.

Alleine der Gedanke, dass du die Tablette nehmen könntest und dadurch dann entspannter bist, entspannt. Ich will hier nicht näher darauf eingehen, aber es kommt einem Placebo-Effekt gleich.

2. Entspannungsübungen

Folgende Übungen empfehle ich:

4–2–8

Die Übung verbindet die Konzentration auf den Atem mit der Beuhigung des vegetativen Nervensystems. Konzentrieren wir uns vollkommen auf eine Sache, die innerhalb unserer Wahrnehmung liegt (wie z.B. den Atem), können andere Dinge nicht mehr wahrgenommen werden.

Diese Grundlage basiert auf einer bahnbrechenden Studie aus dem Jahre 2007, die den Weg der Praxis Achtsamkeit ebnete.

Die Übung ist ganz einfach:

  • atme 4 Sekunden ein
  • halte den Atem 2 Sekunden
  • atme 8 Sekunden aus.

Versuche in den Bauch zu atmen, dadurch gelangt mehr Sauerstoff in deinen Körper. Fällt dir das schwer, lege die Hand auf deinen Bauch und spüre, wie er sich beim Einatmen ausdehnt und beim Ausatmen einzieht.

3 .Kleidung:

Trage keine enge Kleidung, denn das kann dein Engegefühl verstärken. Trage ein lockeres TShirt/Pullover und weite Hosen, wie z.B. Jogginghosen.

Von engen Pullovern, wie z.B. Rollkragenpullover oder Skinny-Jeans rate ich deswegen ab, da sie das Gefühl verstärken können, dass du gefangen bist und nicht fliehen kannst.

4. Reden:

Etwa 16% der deutschen Bevölkerung haben eine Aviophobie, also Flugangst. Viele gehen allerdings von ca. 20% der Bevölkerung aus. Das bedeutet, dass du, wenn du im Flugzeug sitzt, mit hoher Wahrscheinlichkeit jemanden in deiner Nähe hast, der auch eine Flugangst hat. Nämlich jeder 5te.

Du darfst z.B. deinem Nachbarn gerne davon erzählen. Sage ihm z.B., dass du heute ein wenig trainieren wirst und ob er das Gefühl kennt und wenn ja, was er so dagegen tut.

Damit nimmst du dir im voraus die Angst, später das Gefühl zu haben, eigenartig angesehen zu werden oder den Gedanken in dir zu pflanzen, was die anderen wohl denken könnten.

Zusammenfassung:

Baue eine freundliche Beziehung zu deiner Angst auf. Das kann etwas Zeit in Anspruch nehmen. Trainiere täglich, dann fühlst du dich schon viel sicherer. Du weißt nun, dass es in Ordnung ist, Angst zu haben. Sobald du das verinnerlicht hast und das Gefühl spürst, wie es dir damit geht, wirst du damit sicherer und einfühlsamer.

Gehe danach über in die Rationalisierung, nachdem du deine Angst akzeptiert hast. So kannst du ihr zeigen:

"Hey schau mal, ist doch alles gar nicht so schlimm."


DANKE

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Marius (Dailybuddha)

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