Heute ist es der Sonne phasenweise gelungen, die dichte graue Wolkendecke über Norddeutschland zu durchbrechen, die herbstkalte Feuchtigkeit ein wenig zu vertreiben und für ein paar sehr angenehme frühe Nachmittagsstunden zu sorgen. Grundsätzlich macht der obligatorische Hundespaziergang dann gleich doppelt so viel Spaß. Doch heute war einer dieser Tage, an dem sich ein unangenehmes Ereignis an das andere reihte, der sonst so ausgleichende Aufenthalt an der frischen Luft mein Gedankenkarussell nicht zu stoppen vermochte.
Erst ein Schrei aus einem Baum, keine 50 Meter entfernt, brachte mich dazu, die Umgebung wirklich wahrzunehmen. Es gibt sie bei uns, die unter Naturschutz stehenden Seeadler, ab und zu kreist auch einer weit oben über unserem Grundstück, aber so nah hatte ich noch keinen gesehen. Fast erstarrt vor Achtung und Wertschätzung dieses Naturschauspiels beobachtete ich den Vogel, wie er majestätisch in die Höhe stieg und im Segelflug ein paar Kreise zog, bevor er in Richtung Fischgründe der Trave verschwand. Ein erhebender Anblick!
Gern greife ich nach ungewöhnlichen Tierbegegnungen zu dem Buch Tierisch gut von Regula Meyer.
Die Autorin aus der Schweiz erklärt unter schamanischem Ansatz, wie und wann Tiere als Spiegel unserer Seele wirken. Das Buch ist in fast 200 Tiercharaktere gut gegliedert.
Nach einer interessanten Beschreibung des jeweiligen Tieres folgt eine teils recht spirituelle Botschaft, die das Treffen auf das Tier zum Nachdenken anregend deutet.
Meyer geht davon aus, dass keine bewusst wahrgenommene Begegnung im Leben zufällig ist, so auch nicht die mit Tieren.
Was sich an Energien, Gefühlen und Gedanken im Inneren eines Menschen bewegt, zeigt sich auch äußerlich, somit ist alles, was uns umgibt, eine Reflektion unserer inneren Realität. Was liegt also näher, als als energetisch sensible Autorin eine reale Tierbegegnung als Spiegel unseres Inneren, unserer Seele, zu deuten?
Die Botschaft, die der Seeadler mir vermittelt, gefällt mir und lässt mich den Tag gut gelaunt und deutlich sortierter beenden.
Der Adler bedeutet Geist, und genauso wie Sie die enge Besiedlung verlassen müssen, um dem Adler zu begegnen, müssen Sie das Außen verlassen, um dem Geist zu begegnen. […]
Der Adler zieht seine Kreise und überschaut das ganze Muster der Welt. Ist Ihnen der Adler begegnet, lädt er Sie ein, für einen Moment von der irdischen Welt abzuheben, Ihre geistigen Flügel auszubreiten und Ihr Lebensmuster von weit oben zu betrachten. Haben Sie den Mut, Zusammenhänge zu erkennen oder vielleicht zu erspüren. Lassen Sie die Welt der Emotionen und Pflichten für diesen Augenblick absolut los. Aus der Perspektive des Adlers sind Probleme klein und belanglos, Lösungswege gut ersichtlich. Doch es liegt an Ihnen, sich für diese Lösungen zu entscheiden und die Handlungen einzuleiten. Bedenken Sie, dass der Adler sein Ziel genau fokussiert, denn er kann es sich beim Sturzflug nicht leisten, auch nur für eine Sekunde dieses Ziel aus den Augen zu lassen.
Meyer, Regula, Tierisch gut. Arun-Verlag, 2002, S. 144
Dieses Bild habe ich von Wikipedia geliehen, doch genau so hob er ab, "mein" Seeadler, und schenkte mir ein paar ehrfürchtige, fokussierte Augenblicke.
Tierisch gut, danke!
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