Denglisch for Runaways - SCHEINANGLIZISMEN

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Die Globalisierung ist schuld! Die Digitalisierung! Oder war es sogar schon die Industrialisierung?
Wie dem auch sei, ist Fakt, dass die Sprache der Dichter und Denker zunehmend von Anglizismen unterwandert wird, was so mancher kritisch beäugt. Letztlich handelt es sich hierbei aber um einen ganz normalen etymologischen Vorgang. Fremde Sprachen beeinflussen seit Jahrtausenden, spätestens seit dem biblischen Turmbau zu Babel, die Entwicklung der eigenen. Heute vollzieht sich dies nur schneller als zu Zeiten der großen Völkerwanderungen.

Anglizismen gehören mittlerweile zum Alltag im deutschen Sprachraum, selbst bei größtem Bemühen des aktiven Vermeidens kann man diese kaum umschiffen. Jedenfalls nicht, wenn man, wie ich, täglich mit Teenagern Jugendlichen arbeitet oder sich dem Wellenreiten im Zwischennetz widmet. Nicht aufregen, einfach als Neologismen akzeptieren - man muss es ja nicht übertreiben.
Doch wie verhält es sich mit den sogenannten Scheinanglizismen? Hierbei handelt es sich um Fremdwörter, die hierzulande eine völlig andere Bedeutung als in ihrem Herkunftsland haben. Augenscheinlich englisch ist hierbei einzig das lexikalische Element, der Gebrauch dieser Wörter führt eher zur Verwirrung als zur internationalen Völkerverständigung. Soll der gemeine Dengländer diese auch gelassen akzeptieren?


Der allgemein bekannteste und gebräuchlichste Pseudoanglizismus ist mit Sicherheit das Handy. Das ist ein richtig schön urdeutscher Begriff, dem Bundesdeutschen heilig. Natürlich ist das schnurlose Mobiltelefon handlich und praktisch (handy), da machen wir doch einfach das englische Adjektiv zum deutschen Substantiv. Weltweit wird der kompakte Alleskönner eher mobile (brit.: mobile phone) genannt, im amerikanischen Englisch auch cell (cellular phone).

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Zum Glück überleben Fotomodelle ein Shooting auf deutschem Boden in der Regel, jedoch würden sie sich statt zum Erschießen bestimmt lieber zur photo session verabreden. Avanciert das aufsteigende Talent dabei womöglich zum Shootingstar, verglüht es in der korrekten Übersetzung dummerweise zur Sternschnuppe. Der Brite nennt solch schöne Glückskinder overnight success, der Ami whiz kid.
Wie wäre es denn mit einer erotischen Fotoserie? Eine bildhübsche Frau rekelt sich, nur mit einem Slip (underwear, panties) bekleidet, am Flipper(pinball machine)? Aus der Traum: Die Dame hielte vermutlich unbeholfen einen Zettel oder Kassenbeleg vor ihr Geschlecht, in der Hoffnung, die Schwimmflosse auch mit ins rechte Bild zu rücken.

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Sehr gern gesehen sind hierzulande auch locker, leger an Oldtimer gelehnte Fotomodelle. Aber nur im deutschsprachigen Raum, im angelsächsischen macht sich in so einem Moment gerade jemand an einen recht alten Herrn ran. Das historische Automobil, das Frau oder Mann so prächtig schmückt, wird im Englischen vintage, classic oder veteran car genannt.
Vielleicht befindet sich unter den alten, gut polierten Schlitten sogar ein Beamer. Nein, nein, ich meine nicht den modernen Bildwerfer (video projector), ohne den keine Vorlesung mehr denkbar ist. Beamer ist in den USA der liebevolle Kosename für einen BMW, egal ob Auto oder Motorrad. Im britischen Englisch wird mit beamer hingegen ein unsportliches Schleudern des Balles beim Cricket bezeichnet.

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Wenn du einen Muttersprachler mal so richtig an deinem Verstand zweifeln lassen oder ihn schlicht in die abgrundtiefe Verlegenheit treiben willst, erzählst du ihm einfach, dass du beim letzten Public Viewing mit deiner niegelnagelneuen, todschicken, hochmodernen Bodybag total cool rübergekommen bist. In diesem Fall berichtest du nämlich, wie du, bereits gekühlt, deinen eigenen Leichensack zur öffentlichen Leichenschau mitgebracht hast. Public sport broadcasts könnten solche Unannehmlichkeiten international vermeiden.


Im Endeffekt sind diese Scheinanglizismen doch wunderbar für die Entwicklung unserer lebendigen Sprache: Wir schaffen uns mal wieder etwas Eigenes und klingen dabei so herrlich weltoffen!
Und, egal, wie wir zu ihnen stehen, wir brauchen nicht diskutieren, denn die denglischen Pseudoentlehnungen dürften für uns alle einen großen Gag bedeuten. Für die einen sind sie halt witzig, ein Witz (joke), für Nichtverdenglischer ein würgender (to gag) Knebel (gag).
So what? Ich bin total verzückt - you can say you to me!




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22.02.2019


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