#Transtagebuch - 5 Tage Post-OP

Heute ist Samstag. Der 5. Tag nach meiner Brust-Op und ich würde euch gerne etwas dazu sagen. Allerdings weiss ich gar nicht genau, was ich schreiben soll.

Mich hat gestern ein Freund gefragt, wie es sich jetzt anfühlt, was wäre anders und ich konnte es gar nicht genau benennen. Mein Brustkorb fühlt sich jetzt einfach so an, wie er sich schon immer hätte anfühlen sollen. Klar, da sind 2 Fette Schnitte und meine Brustwarzen chillen neu platziert und verkleinert rum aber ... es fühlt sich vollkommen normal an. Ich hab schon jetzt Schwierigkeiten, mich zu erinnern, wie es vorher war.

Doch vielleicht fange ich vorne an.


Am Dienstag sagte man mir, so wie alles laufe, könne ich am Mittwoch schon nach Hause und ich solle einen Fahrer organisieren. Ich weiss noch, wie Panik in mir aufstieg. Ich fühlte mich absolut gar nicht bereit, nach Hause zu gehen. In mir steckten noch 5 verschiedene Schläuche und schon alleine der Weg zum Klo und zurück war so anstrengend, dass ich danach ein Nickerchen brauchte. Am Mittwoch nach Hause, ne is klar, bei euch piepst es wohl,wa. Doch dann kam der Mittwoch und mir ging es deutlich besser. Die Schläuche kamen raus und von Stunde zu Stunde fühlte ich mich stärker und wieder klarer im Kopf. Um 16 Uhr war ich dann doch bereit, dass Krankenhaus zu verlassen. Zur Freude aller.

Ich muss ehrlich sagen, dass alles ging viel zu schnell.

Die Psyche kommt einfach mal gar nicht hinterher, diesen Eingriff zu verarbeiten und im Halbschlaf, träume ich ständig von der OP. Von Menschen, die an mir rum schneiden, ziehen, schieben und Schläuche in mich hinein stopften. Ich schlafe und schlafe und schlafe und bin gar nicht wirklich in der Lage, das alles zu verarbeiten.

Am Donnerstag stand ich vor dem Spiegel und betrachtete mich. Ein Teil von mir überglücklich und der andere Teil realisierte auf einmal, was ich gemacht habe.

Der Inbegriff von Weiblichkeit an meinem Körper ist weg, für immer verschwunden und mit ihm 20 Jahre Leben, so unwiederbringbar verloren. Ich sehe jetzt aus wie ein Bubi, weder richtig weiblich noch richtig männlich, zurückversetzt in den Zustand meines 12 Lebensjahres, körperlich, nicht seelisch.

Für einen Moment war ich überwältigt von der Freude und dem Verlust, beides gleichzeitig. In meinem Kopf noch tausend unverarbeitete Bilder von der Op, tausend offene Fragen was das Morgen für mich bereit hält und doch einfach nur unendlich dankbar für den Moment.

Am Freitag ging ich zur Nachkontrolle zu meiner Ärztin. Sie war wieder sehr zufrieden. Die Naht verklebt sauber, keine Hämatome, keine Wasseransammlungen und die gekürzten Drainagen (Schläuche) konnten entfernt werden.

Ehrlich, alles kostet gerade das Fünffache an Energie. Einmal Kochen und Essen, dann ist Sense. ABER egal was, es ist diese Veränderung wert!!!

Endlich, kann ich in den Spiegel schauen und erkenne mich selber. Diese flache Brust, das bin ich, die gehört zu mir und so sollte sie sein. Ich berühre mich immer wieder selber, voller Selbstliebe für das, was da ist. Nach solchen Veränderungen ist das Anfassen übrigens extrem wichtig. Unser Gehirn hat wie eine Bodykarte integriert, die muss nun angepasst werden und dass geschieht durch die Berührung des eigenen Körpers. Aber natürlich genieße ich es einfach extrem. Meine Hand auf eine flache Brust legen zu können. Jedes Mal wenn ich am Spiegel vorbei komme, huscht ein Lächeln über mein Gesicht.

Meine Figur hat momentan gewisse Ähnlichkeiten mit Donald Duck. Mir war nie klar, wie dick mein Bauch ist. Die Brüste haben den gekonnt kaschiert. Nur gut, geht mir das alles am Arsch vorbei. Ich genieße im Moment einfach mein neues Körpergefühl und freue mich auf den Moment, wenn ich das erste Mal rennen kann. Das erste mal schwimmen, das erste Mal wieder richtig wandern. Ich habe keine Sekunde lang die Sorge, dass mein Gewicht sich nicht anpassen wird und hey, 4 Kilo habe ich diese Woche schon abgenommen, das muss erst mal einer schaffen.

Ich wünsche euch ein tolles Herbstwochenende und eine großartige Beziehung zu eurem eigenen Körper.

P.S. mache fragen mich, ob ich schon im Raffael angekommen sei und ehrlich gesagt, ich weiss es selber nicht so genau. Noch immer ist mein Körper eindeutig weiblich geprägt, zumindest habe ich nicht den Eindruck, dass mich irgendjemand männlich liest. Aber mal Schauen, was das Testosteron die nächsten 3 Monate leisten wird.

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