Das Einmaleins der Notfallmedizin: Herzinsuffizienz

Heute geht es weiter mit Themen aus dem Bereich Herz-Kreislauf. Ja, Themen. Ab heute folgen einige Artikel aufeinander. Zumindest ist das der Plan.

Wann spricht man von Herzinsuffizienz?

Als Herzinsuffizienz oder Herzschwäche bezeichnet man eine akut auftretende oder länger bestehende Funktionseinschränkung des Herzens in Bezug auf dessen Pumpleistung.

Welche Arten von Herzinsuffizienz gibt es?

Man unterscheidet bzgl. der Lokalisation (Links-, Rechts- oder Globalherzinsuffizienz), der Dauer der Erkrankung (akute bzw. chronische Herzinsuffizienz) und anhand der Auswirkung auf den Herzrhythmus (systolische bzw. diastolische Herzinsuffizienz). [1]
Weitere Unterscheidungskriterien sind außerdem die qualitative Ausprägung der Symptome gemäß der NYHA-Klassifizierung (NYHA = New York Heart Association) und evtl. bestehende zusätzliche Beschwerden/Krankheiten. [2]

KlasseAuswirkungen
Ikeine Einschränkungen bei norrmaler Alltagsaktivität; erhöhte körperliche Anstrengung führt zu keinen Beschwerden
IImittlere körperliche Aktivität führt zu Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Atemnot oder Herzinfarkt-Symptomen; in Ruhe und bei verringerter Aktivität klingen die Beschwerden ab
IIIleichte körperliche Aktivität führt zu Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Atemnot oder Herzinfarkt-Symptomen; in Ruhe klingen die Beschwerden ab
IVBeschwerden treten bei allen körperlichen Aktivitäten sowie im Ruhezustand auf

Ursachen und Risikofaktoren

Neben Alkohol-, Drogen- und Medikamentenmißbrauch sind vorangegangene Herz-Kreislauf-Erkrankungen (koronare Herzkrankheit, Herzmuskelentzündungen, vorangegangener Herzinfarkt, unbehandelter Bluthochdruck, angeborene oder erworbene Herzfehler und Herzklappenfehler, Herzrhythmusstörungen) und Lungenkrankheiten die größten Risikofaktoren. [1]

Linksherz- vs. Rechtsherzinsuffizienz

Bei der Versorgung des Körpers mit sauerstoffreichem Blut und dem Gasaustausch zwischen sauerstoffarmem Blut und der Lunge haben die beiden Herzhälften unterschiedliche Aufgaben. Die rechte Herzhälfte nimmt sauerstoffarmes Blut aus dem Körper an und pumpt es zur Lunge. Die linke Herzhälfte nimmt das sauerstoffangereicherte Blut aus dem Lungenkreislauf and pumpt es in den Körperkreislauf. In den Extremitäten und Organen wird (vereinfacht ausgedrückt) Sauerstoff abgegeben und Kohlendioxid aufgenommen.


Anatomie des Herzens

Die Aorta ist dabei sozusagen das Tor zum Körper, deshalb wird sie - vergleichbar mit einem leeren Stausee - mit großem Druck "geflutet". Die gleichzeitig vom rechten Herzen zu füllende Lungenarterie ist kürzer - sozusagen vergleichbar mit einem Dorfweiher ;) - und für ihre Füllung wird weniger Kraft benötigt. Daher sind Funktionsstörungen des Herzmuskels der linken Herzkammer gefährlicher als bei der rechten Herzkammer.

Sowohl Links- als auch Rechtsherzinsuffizienz gehen mit charakteristischen Symptomen einher:

RechtsherzinsuffizienzLinksherzinsuffizienz
  • geschwollene Beine
  • gestaute Venen am Hals
  • Bauchwassersucht
  • Verdauungsprobleme, Appetitlosigkeit
  • Schwellung der Leber
  • rasche Gewichtszunahme (mehr als 2kg pro Woche)
  • schnelle Ermüdung bei körperlicher Aktivität
  • bläuliche Lippen
  • Neigung zu Kurzatmigkeit und Atemnot
  • Husten
  • rasselnde Atemgeräusche als Hinweis auf Wasser in der Lunge

Folgende Symptome sind bei Insuffizienzen beider Herzhälften zu beobachten [3]:

  • eigenschränkte körperliche Leistungsfähgkeit, Neigung zu Atemnot bei Belastung
  • Häufiges Wasserlassen, besonders nachts
  • schneller Herzschlag bei Belastung, allg. Neigung zu Herzrhythmusstörungen
  • Vergößerung des Herzmuskels, Flüssigkeitsansammlungen oberhalb des Zwerchfells und im Herzbeutel

Aus einer chronischen Linksherzinsuffizienz kann sich als Folge auch eine Rechtsherzinsuffizienz entwickeln.

Globale Herzinsuffizienz

Von einer globalen Herzschwäche spricht man, wenn sowohl linke als auch rechte Herzhälfte unzureichend arbeiten können. In diesem Fall addieren sich die Symptome, sodaß sowohl zu wenig Blut aus dem Herzen in den Körper gepumpt wird als auch zuwenig Blut aus dem Körper zum Herzen zurückfließt. In der Folge sammelt sich zuviel Flüssigkeit im Körper und das Herz wird bei maximaler Ausprägung der Symptome in seiner Ausdehnung begrenzt, was zu einer weiteren Reduktion der Herzfunktion führt.


Alle Symptome der globalen Herzschwäche im Bild

Akute vs. chronische Herzinsuffizienz

Eine akute Herzinsuffizienz entwickelt sich im Verlauf von Stunden bis Tagen, während eine chronische Herzinsuffizienz sich über Monate bis Jahre aufbaut und wegen Kompensation durch den Körper lange nicht auffällt.

Mögliche Ursachen einer akuten Herzinsuffizienz [2]:

  • zu hohe oder zu niedrige Herzfrequenz
  • mechanische Verengung der Herzkammern (z.B. nach Verletzung des Herzbeutels mit Einblutung)
  • Undichtigkeit bei den Herzklappen
  • akute Herzmuskelentzündung
  • Herzinfarkt
  • Lungenembolie (Verstopfung von Blutgefäßen in der Lunge)

Kompensationsmechanismen des Körpers bei beginnender Herzinsuffizienz sind [2]:

  • Erhöhung der Herzfrequenz
  • Verdickung des Herzmuskels (vor allem linksseitig)
  • Engstellung der Blutgefäße
  • Erhöhung des Blutvolumens

Im kompensierten Stadium treten keine Beschwerden auf (oder nur bei hoher körperlicher Anstrengung); kommt es zur Dekompensation, sind die Betroffenen auch im Ruhezustand nicht beschwerdefrei, sondern entwickeln pathologische Wasseransammlungen und Luftnot.

Funktionale Herzinsuffizienz

Abschließend sei noch erwähnt, daß auch eine Herzschwächensymptomatik ohne organische Beeinträchtigung der Pumpleistung des Herzens auftreten kann. Mögliche Ursachen sind laut [2]:

  • Blutarmut
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • erworbene Verbindungen benachbarter Arterien und Venen (arteriovenöse Fistel)
  • Blutvergiftung

In allen dieser Fälle kommt es durch die reduzierte Auswurfleistung zu einer Unterversorgung des Körpers mit sauerstoffreichem Blut.

Begleiterkrankungen, die beobachtet werden sollten, sind neben der Anämie und dem chronischen Eisenmangel die sog. Obstruktive Schlafapnoe und die chronische Niereninsuffizienz sowie Diabetes.

Was mache ich als Ersthelfer?

Zuallererst den Patienten beruhigen, evtl. aufsetzen (erleichtert die Atmung), ggf. von neugierigen Blicken abschirmen und in jedem Fall die Alarmierung eines Notarztes veranlassen.
Bewußtlose Patienten werden in die stabile Seitenlage gelegt und es wird darauf geachtet, daß die Atemwege frei sind.

Kommt es zum Notfall im häuslichen Bereich, so ist es für Sanitäter und Notarzt hilfreich, eine Liste der regelmäßig eingenommenen Medikamente sowie frühere Arztberichte vorgelegt zu bekommen.

Quellen und weiterführende Links

[1] https://www.ratgeber-herzinsuffizienz.de/herzinsuffizienz/haeufig-gestellte-fragen/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Herzinsuffizienz
[3] R. Huch, K. D. Jürgens: Mensch, Körper. Krankheit, 6. Auflage
[4] https://www.netdoktor.de/krankheiten/herzinsuffizienz/ (mit Video!)

Bildnachweis für alle Grafiken und Fotos: Wikipedia

Über die Reihe "Das Einmaleins der Notfallmedizin"

In dieser Beitragsreihe erkläre ich in loser Folge Begriffe aus der Ersten Hilfe und Notfallmedizin, die mir gerade wichtig sind. Grundsätzlich dient die Reihe auch dazu, mein eigenes Wissen aufzufrischen.

Bisher sind erschienen:
Das ABCDE-Schema
Die Anamnese
Der anaphylaktische Schock
Adenosin
Verbrennungen
Hitzewirkungen
Thrombosen

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H3
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3 columns
2 columns
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