Mobilitätsgipfel? Mobil heißt nicht zwangsläufig Auto!

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Der heutige "Mobilitätsgipfel" im Kanzleramt ist seinen Namen nicht wert! Genauso wenig wie das Klimaabkommen von Paris, bei dem unsere Regierungen das "1,5-Grad-Ziel" einhellig beschlossen haben - und das bereits 2015! Acht Jahre später ist klar, es wurde einfach nichts getan, um das Ziel, die Emissionen so zu senken, dass sich die Erderwärmung "nur" um 1,5 Grad dreht, zu erreichen. Wir sind meilenweit daran vorbeigeschrammt. Wissenschaftler gehen inzwischen von einer durchschnittlichen Erderwärmung von 3,5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts aus! Toll gemacht, wirklich!

So, oder so ähnlich fühlt es sich für eine wie mich, eine Umweltaktivistin, an, wenn sie "Mobilitätsgipfel" liest. Mein erster Gedanke: "Kommt eh nichts bei rum - wie immer." Beim zweiten Gedanken keimte dann aber doch Hoffnung. "Mobilitätsgipfel"? Heißt das nicht, alle sind eingeladen? AutofahrerInnen, RadfahrerInnen, FußgängerInnen, Leute, die den ÖPNV benutzen? Einfach alle, die mobil sind? Das war tatsächlich meine Hoffnung... Bis ich lesen musste, dass alle eingeladen sind, alle bis auf diejenigen die mit dem Rad fahren, zu Fuß gehen, mit der Bahn oder dem Bus fahren - aber alle anderen, also die, die Autofahren, ja, die sind eingeladen und zwar mehrfach. Nicht nur ein Auto-Boss lässt sich heute ins Kanzleramt chauffieren. Gleich 3 werden kommen. Die Herren von BMW, VW und Mercedes. Dazu kommen noch ein paar Vertreter von Autozulieferfirmen und einige Minister von Kanzler Scholz, darunter Auto-Minister Volker Wissing.

Läuft in der "Mobilbranche"... Im Umkehrschluss heißt das also für den heutigen Gipfel, die Auto-Lobby ist unter sich. Man muss schon sehr naiv sein, zu glauben, in dieser Konstellation könne eine ausgewogene, zukunftsorientiere Diskussion zum Thema Mobilitätswende zustande kommen.

Da hilft es auch nicht, dass Regierungssprecher Hebestreit erklärt, dies sei ja nur die "erste Sitzung dieser Art", es werde "weitere Treffen" geben und dann würde man "die ganze Bandbreite der Mobilität ansprechen". Zurecht fühlen sich Vertreter von Fahrrad, Bahn und ÖPNV "ausgeladen".

Es mag sein, dass das Auto in Deutschland einen hohen Stellenwert hat, dennoch ist diese Denkweise nicht mehr zeitgemäß. In einer Welt, in der wir ums Überleben unserer Spezies kämpfen, kann es nicht sein, dass das Auto und damit die bequeme Lebensweise der Industrienationen, nach wie vor an erster Stelle kommt.

Wer eine echte Mobilitätswende will, muss umdenken - jetzt! Es geht nicht mehr darum, wie man bequem von A nach B kommt. Es geht heute vielmehr darum, wie man im Rahmen seiner Mobilität möglichst wenig Ressourcen einsetzt, CO2 produziert und dennoch gut und günstig ans Ziel kommt. Und das geht nicht ohne Bahn, ÖPNV und Fahrrad! Doch statt darüber zu sprechen, wie die Bahn möglichst schnell ausgebaut werden kann, wie der ÖPNV flächendeckend attraktiver gemacht und das Fahrradnetz lückenlos ausgebaut werden kann, sprechen die Herren beim heutigen "Mobilitätsgipfel" darüber, wie mehr E-Autos auf die Straßen kommen.

Die "heilige Auto-Kuh" muss geschlachtet werden! Eine echte Mobilitätswende kann nicht von unten nach oben stattfinden. Soll heißen: hier ist der Einzelne machtlos. Zwar können immer mehr Menschen aufs Fahrrad umsteigen, oder, wie im Sommer mit dem 9-Euro-Ticket, die Bahn nutzen, ohne eine flächendeckende Infrastruktur wird sich nicht dauerhaft etwas ändern. Nach wie vor hören Fahrradwege einfach auf, ein paar auf die Straße gepinselte Radwege bieten keinerlei Sicherheit für diejenigen, die die schwächeren im Straßenverkehr sind - FußgängerInnen und RadfahrerInnen. Solange Bahnfahren wegen zu schlechter Taktung, zu wenig Verbindungen und zu hohen Preisen, erschwert wird, wird man nicht mehr Menschen in Züge bringen.

Statt darüber zu sprechen, wie die Autobranche gebauchpinselt werden kann, sollte lieber ein Gipfel zum 49-Euro-Ticket stattfinden. Dieses Thema hat man einfach mal auf Eis gelegt. Nun kommt es zwar "tatsächlich", nur wann, wann ist fraglich.

Leider drehen sich unsere Regierungsvertreter im Kreis - und das schon seit 20 Jahren! Es werden immer und immer wieder die gleichen Phrasen gedroschen. Die Mehrheit der Deutschen ist für ein Tempolimit auf Autobahnen - unsere Verkehrsminister sind aber seit den 70er Jahren der Autolobby Untertan. Und das weiß die Autolobby - sie weiß die richtigen Angst-Hebel zu bedienen. Und genau deshalb ist dieser heutige "Mobilitätsgipfel" eine Farce - nicht mehr und nicht weniger.

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