Burg und Berg Oybin - Teil 1

Heute mal nichts geologisches, sondern Geschichte. Wir bleiben im Zittauer Gebirge und es geht nach Oybin. Genauer gesagt auf den dortigen Hausberg gleichen Namens. Er dürfte neben dem Nonnenfelsen, dem Hochwald und der Lausche das bekannteste Ausflugsziel im Zittauer Gebirge sein. Auf Karten verzichte ich dieses Mal. Wenn man, egal aus welcher Richtung kommend, in den Ort einfährt, ist unser Ziel nicht zu übersehen. Oybin selbst erreicht man mit dem KfZ oder der schon angesprochenen Schmalspurbahn (eine andere Strecke als die nach Jonsdorf!), die ihren Endpunkt direkt unterhalb des Berges hat.

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Da kommt sie, heute leider dieselgetrieben, aber mit Gepäckwagen. Was da andeutungsweise im Vordergrund zu sehen ist sind übrigens Wagen, auf die man Normalspurwagen packen kann. So spart man sich das Umladen von Gütern.

Aber ich bin ja mit dem Auto gefahren und deshalb auf dem (gebührenpflichtigen) Parkplatz in der Ortsmitte gelandet. Von dort aus sieht man schon mal das Ziel.

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Okay. Sieht überschaubar und mit wenig Kraftanstrengung verbunden aus. Letzteres wird sich bald als Irrtum erweisen. Aber erst einmal geht es in Blickrichtung über die Durchfahrtsstraße und dann gleich spitzwinklig in eine kleine Straße hinein. Links und rechts gibt es beim leichten Anstieg zu sehen, was das Touristenherz auch erwartet. Jedenfalls in der Saison und nicht am Montag. Neben dem ältesten Haus Oybins (heute kleines Wirtshaus, "Kleine Burg") gibt es Geschäfte, Lokale, Hotels...

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Das älteste Gebäude Oybins. Ja, da passen Gäste rein. Das Häuschen selbst steht übrigens seit der Mönchszeit. Und die kamen im Jahr 1366.

Nach kurzer Wegstrecke taucht rechts die Gaststätte "Burgkeller" auf. Vom dortigen Parkplatz hat man einen schönen Blick auf die Bergkirche von Oybin.

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Unser Weg auf den Berg führt eh daran vorbei, da sind die 10 Minuten Zeit, sich einmal das Innere der Kirche zu betrachten, gut angelegte Zeit. Der Weg beginnt rechts des Gebäudes der Gaststätte. Und bei dessen Anblick wird dann auch dem letzten Zweifler klar werden, dass das heute nichts wird mit einem gemütlichen Ausflug...

Der Bau geht auf das Jahr 1708 zurück. Eine Tafel mit Chronologie der Ereignisse findet sich im Eingangsbereich. In der Kirche, die dem Bauernbarock zugeordnet wird und die auch Hochzeitskirchlein heißt, gibt es etliches zu entdecken.

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Leider wird die Sicht auf den kulturhistorisch bedeutsamen Altar durch ein Tuch verdeckt. Warum auch immer. Dafür wird man mit vielen künstlerischen Darstellungen und einem Blick auf die restaurierte Orgel entschädigt. Auch ein Blick nach unten lohnt. Der Fußboden im Bereich der Sitzreihen ist tasächlich gepflastert. Und in der ersten Sitzreihe gibt es einen reservierten Platz. Ach so, Sitzplätze. Früher gehörte Oybin zum Pfarramt Lückendorf. Lückendorfer gehörten auf die Bänke links des Mittelganges, Oybiner nach rechts.

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Ja, da ist tatsächlich Pflaster unter der Bank...

Nach Verlassen der Kirche warten weitere Treppen. Ein Blick Richtung Himmel die Bergwand hinauf deutet an, dass es noch ein Weilchen so weitergehen wird. Bitte nicht dem Schild "Ritterschlucht" folgen, sondern weiter - natürlich - den Treppen folgen. Wir gelangen auf ein Plateau, bevor wir rechts zur Burg schwenken können. Das Plateau bietet zwei Dinge. Zum einen eine Erkenntnis: Bis hier hätten wir den bisherigen Weg in der Saison ganz bequem mit dem "Gebirgsexpress" zurücklegen können. Abfahrt übrigens gegenüber des Bahnhofes. Zum anderen einen Blick in die Ritterschlucht von der Brücke am Plateau aus:

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Nein, bequemer wäre der auch nicht gewesen...

Nun aber endlich auf den Berg und in die Burg. Es geht wieder bergauf. Wir passieren das zweite Burgtor. Moment mal, das zweite? Es gab ja gar kein erstes!? Doch das gab es, es ist heute allerdings nur noch an einigen Spuren im Sandstein zu erkennen. Deshalb habe ich die Beschreibung weggelassen, genau wie die des Vorhofes. Auch der ist nicht sofort zu erkennen.

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Hier wurde mit viel Aufwand restauriert. Wer genau hinschaut sieht, dass der vordere Tirbogen wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt wurde.

Nach dem Tor wartet das Kassengebäude. Man hat versucht, einen modernen Bau mit alten Gemäuern zu kombinieren. Die alten Gemäuer gehören zum Schneiderstüblein. Nach meiner Meinung ist die Kombination sehr gut gelungen. Als Einzelperson um 5 Euro in der Nebensaison (Hauptsaison 8 Euro) leichter geht es vorbei an einer Zisterne und durch das dritte Burgtor auf eine überraschend plane Fläche, auf der sich die Burganlagen befinden. Das ist der ehemals gepflasterte obere Burghof. Hier ist Zeit einzuplanen, denn es gibt auf den zweiten Blick viel zu sehen.

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Das Tor war übrigens ehemals zweistöckig und wurde, neben Verteidigungszwecken natürlich, wahrscheinlich zur Unterbringung von Gefangenen benutzt.

Bevor wir uns durch diese Tür bewegen...

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um in die Ausstellungsbereiche zu gelangen, erst einmal ein paar Eckdaten zur Geschichte von Burg und Berg zwecks Einordnung dessen, was es zu sehen gibt.

Bronzezeitliche Funde in der Umgebung (Höllengrund, Ameisenberg, Töpfer...) belegen, dass sich schon zu dieser Epoche Menschen im Zittauer Gebirge aufhielten. Einige Funde aus "heidnischer" Zeit belegen, dass es bei der Anwesenheit von Menschen auch blieb. In der Nähe des höchsten Punktes des Oybins gibt es eine herausgearbeitete Schale mit Ablauf im Sandstein, die als Kultstelle gewertet wurde. Erste schriftliche Belge gibt es ab 1363, die erste urkundliche Erwähnung des Berges erfolgte 1290. Da wird berichtet, ein Herr Quahlo, seines Zeichens Besitzer nicht nur des ganzen Gebirges, ließ Bären jagen und dabei befanden die Bediensteten den Platz auf dem Oybin ganz passend für eine Burg. Der Herr Quahlo, der später als von Leipa firmierte, fand den Gedanken ganz gut. Schließlich war das Gebirge seit Urzeiten Grenzgebiet (erst zwischen den Gauen Zagost und Nisan, dann mit gleichem Verlauf zwischen Böhmen und der Oberlausitz). Und es gab nur zwei Handelsstraßen (Leipa - Prag und Gabel - Prag), die aber sehr bedeutend waren. Von daher lässt sich der erste Bau auf ca. 1256 datieren. Heute ist davon nichts mehr erhalten, der Bau verfiel bereits 20 Jahre später. Heute ist man der Meinung, der Bau sei am höchsten Punkt des Berges errichtet worden. Bald darauf wurde durch neue Herren ein Raubschloss errichtet - sehr zum Leidwesen der Straßenbenutzer. Der wurde durch die Zittauer in Schutt und Asche gelegt. Der Oybin ging wieder an die Herrschaften von Leipa. Die ließen einen Bergfried errichten. Das bezeichnet einen befestigten Steinbau mit Wehrturm. Über die Stelle, wo genau das passierte, wird gestritten. Sicher scheint nur: Nicht auf dem höchsten Punkt des Berges. 1310 wurde ein weiterer von Leipa, jetzt: Heinrich, Besitzer. Der war keine ganz unbedeutende Persönlichkeit, sondern bekleidete u.a. hohe böhmische Regierungsämter. Und er machte Nägel mit Köpfen und errichtete zwischen 1312 und 1316 die Burg, vor deren Resten wir gerade stehen. Kaum fertiggestellt, fiel Heinrich in Ungnade und die Besitzer wechselten stetig. Dafür gab es wieder Raubrittertum. 1346 kam Kaiser Karl IV. an die Macht und machte kurzen Prozess. Er ließ Oybin angreifen und einnehmen. Viel kaputt ist dabei nicht gegangen. 1363 stand die Burg noch so, wie sie von Leipa gebaut hatte. Sie wurde als Schutz- und Geleitburg für die Straßen nach Böhmen genutzt. Karl IV. setzt die Bautätigkeit fort und ließ das Kaiserhaus errichten. Daneben siedelte er Cölestinermönche aus Avignon an, die 1366 mit dem Bau der Klosterkirche begannen. 1369 wurde das Kloster offiziell gegründet. 1384 konnte der Kirchenbau geweiht werden. Es folgten kriegerische Zeiten. Burg Oybin hielt allen Belagerungen stand, weswegen der Prager Domschatz von 1421 bis 1455 in der Burg eingelagert wurde. In Folge der kriegerischen Auseinandersetzungen und politischer Entscheidungen verließen 1546 die letzten Mönche den Berg. Das Kloster wurde aufgegeben, die umfangreiche Klosterbibliothek wurde nach Prag gebracht und bildete dort den Grundstein der Landesbibliothek. Ausrüstung gelangte in die umliegenden Städte. 1577 wurde die Kirche und die Burg durch Blitzschlag vernichtet. Ein Felssturz im Jahr 1681 forcierte den Verfall. Die nachfolgenden Kriege konnten dann den Schaden nicht mehr wesentlich vergrößern. Ab 1879 begann man sich wieder stärker für den Berg und seine Geschichte zu interessieren, errichtete ein Museum und begann Restaurierungsarbeiten, die bis heute andauern.

Gut, genug der Theorie. Und hinein ins Museum im Bereich des Wohnturmes. Durch einen spärlich erhellten Irrgarten aus alten Gemäuern gehend bekommt man einige Fundstücke sowie eine Rekonstruktion der Burganlage im Modell zu sehen. So zum Beispiel

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Reste von Verzierungen der Bauten

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Verteidigungswaffen und über enge Stiegen

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kommt man zur Zisterne.

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mit den wohl unvermeidlichen Münzen am Boden.

Daneben gibt es alte Bilder der Anlage, Ritterrüstungen und vieles mehr.

Wieder an der frischen Luft lohnt sich der Blick auf die noch stehende Außenmauer des Kaiserhauses.

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Daneben kann man sich genauer betrachten, was Kaiser Karl IV. beim Blick aus dem Wohnzimmer zu sehen bekam.

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Blick nach Norden in Richtung Zittau über das Oybiner Tal.

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Im Hintergrund die Außenmauer des Kaiserhauses aus anderer Perspektive. Die Mauern im Vordergrund gehören zur Kirche mit Kreuzgang.

Damit sind wir am Ende des ersten Teiles angelangt. Demnächst Teil 2 der Begehung.

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