Mauer 2.0?

Warum sieht das so aus nach mehr als 30 Jahren Wiedervereinigung?
Gibt wahrscheinlich viele Antworten auf diese Frage, richtige und falsche.
Wegen 2 Jahren Ampel? Die Ampel ist ja inzwischen an allem Schuld.

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antifaschistischer Schutzwall?

Ich komme ursprünglich aus Süddeutschland, lebe nun seit mehr als 12 Jahren in Brandenburg.
Ich habe versucht zu verstehen, wie die Menschen hier ticken. Den meisten, die ich kennen gelernt habe, geht es recht gut. Und doch beklagen sich viele.

Im Gegensatz dazu habe ich einen Menschen kennen gelernt, aufgewachsen in der DDR.
Groß geworden in diversen Jugendheimen, weil nach damaliger Aussage seine Eltern ihn nicht haben wollten. Er hat schlimme Dinge erlebt in diesen Heimen. Aber er war trotz allem ein fröhlicher, positiv eingestellter Mensch.

Vor 7 Jahren, bekam er Post. Sein Vater war wohl gestorben. Er hatte keinen Kontakt zu ihm, da dieser ihn ja angeblich nicht gewollt hatte.

Nun stellte sich aber heraus, diese Aussage stimmte so nicht. Nicht seine Eltern wollten ihren Jungen nicht mehr. Ganz im Gegenteil. Dieses Kind wurde seinen Eltern weggenommen und in Kinderheime gesteckt. Grund dafür war ein Ausreiseantrag seiner Eltern aus der DDR.

Seine gesamte Kindheit und Jugend ist er erbärmlich angelogen worden von den Institutionen der damaligen DDR. Auf die Frage, ob er nicht in den Stasi-Akten Hinweise gefunden habe, meinte er: Die habe ich mir nicht angesehen. Ich wollte das alles hinter mir lassen.

Dieser Mensch hätte allen Grund gehabt, verärgert, wütend, zornig zu sein. Aber er war trotz all dieser schlimmen Erlebnisse ein positiver Mensch. Zudem war er schwer krank, musste diverse Medikamente einnehmen. Und trotzdem war er positiv und fröhlich.

Vor ein paar Jahren ist er gestorben noch recht jung. Aber ich werde mich immer an diesen Menschen erinnern.

Ein anderer Bekannter, ebenfalls groß geworden in der DDR. Hatte einen guten Job bei der Polizei der DDR später BRD. Seine Frau ist vor ein paar Jahren gestorben. Er bekommt eine gute Rente und zusätzlich eine Witwenrente von seiner Frau, die höher ist als die Rente, die jede Angestellte bei Aldi, Lidl oder sonst wo erhält.

Dieser Mensch beklagt sich ständig darüber, dass er diese Witwenrente versteuern muss. Findet das alles so ungerecht. Er hat selber eine gute Rente, zusätzlich die Witwenrente. Lebt mit seiner Lebensgefährtin in einer sehr günstigen Wohnung. Sein eigenes Haus hat er seinen Kindern vermacht. Die Beiden kommen finanziell sehr gut über die Runden, beklagen sich aber ständig über die Politik, Finanzamt und und und ...

Ich habe inzwischen den Kontakt mit ihnen ziemlich abgebrochen weil ich dieses ständige sich Beklagen nicht mehr verstanden habe, nicht mehr hören konnte. Und dann kam noch der Satz: Ich als Wessi könne das eh nicht verstehen.

Wirklich? Ich frage mich, bin ich derjenige der da was nicht versteht oder sind es diese Beiden?

Warum ist der eine Mensch glücklich und zufrieden? Der andere ständig am sich Beklagen, immer unzufrieden?

Ich verstehe es nicht mehr. Und auch andere Menschen, mit denen ich mich unterhalten habe, denen ich die Geschichte dieser beiden Menschen erzählt habe, konnten mir keine wirkliche Antwort darauf geben, warum diese beiden Menschen so unterschiedlich auf die Welt schauen.

Ich glaube mittlerweile dass es viele Menschen gibt, die könnten Millionen haben und sie wären unzufrieden und unglücklich. Andere haben zu kämpfen ums Überleben, sind krank oder haben sonst Probleme, sind aber trotz allem positiv und zuversichtlich.

Und mittlerweile habe ich das Gefühl, dass hier in Brandenburg viele Menschen leben, denen es eigentlich gut geht, die aber trotz allem unzufrieden sind. Und wenn man viele solcher Menschen in seiner Umgebung hat, dann ist es schwer, nicht selber auch in genau diese Stimmung zu verfallen.

Ich weiß nicht, wie es mir ginge. Zum Glück habe ich eher Menschen in meinem Bekanntenkreis, die das Leben positiv sehen. Ich bin auch dabei, mich immer mehr von Menschen mit so einer negativen Ausstrahlung fern zu halten. Ich glaube, dass die Menschen, mit denen man sich umgibt einen starken Einfluss darauf haben, wie man selber die Welt und seine eigene Situation sieht.

Als 1989 die Mauer fiel war ich nicht in Deutschland. Ich habe damals in der Schweiz gelebt und gearbeitet. Obwohl es mir in der Schweiz sehr gut ging, war ich doch auch etwas enttäuscht, dass ich dieses einmalige Ereignis in der deutschen Geschichte nur als Zuschauer aus dem Ausland erlebte.

2011 kam ich für ein Projekt hier nach Brandenburg. Ich wusste nicht, wie lange ich hier sein würde. Davor war ich so gut wie nie in der DDR oder den neuen Bundesländern gewesen. Es war alles spannend und ich habe versucht mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Was sie erlebt hatten, wie sie die Zeit in der DDR erlebt hatten. Die Zeit nach der Wende.

Ich war auch einige Zeit in einer Beziehung mit einer Frau, die in der DDR aufgewachsen war. Sie hatte wohl ihre Bekannten schon zu Zeiten der Wende davor gewarnt sich falsche Vorstellungen zu machen. Sie meinte, das sei alles viel zu schnell gegangen, aber ihren Landsleuten sei es ja nicht schnell genug gegangen. Diese Aussage kam von ihr und ich habe mich etwas gewundert.

Aber inzwischen denke ich, dass das eines der Probleme ist, warum wir nach 30 Jahren immer noch diese Teilung in den Köpfen haben, wie sie in dem Bild oben zum Ausdruck kommt. Viele Menschen hatten genug von der DDR, sahen keine Perspektive in diesem Staat. Aber viele haben sich wohl auch falsche Vorstellungen gemacht, was es heißt von einem sozialistischen System in kürzester Zeit in ein marktwirtschaftliches System zu wechseln.

Und ein weiteres Problem sehe ich darin, dass diese Mauer in den Köpfen vieler Menschen noch sehr stark vorhanden ist. Ob ich mich als Wessi oder Ossi sehe, das hat zu aller erst was mit mir selber zu tun. Das ist meine eigene Sichtweise. Und ob ich das als was positives oder negatives empfinde, das hat eben auch vor allem mit mir selber zu tun.

Selbstbewusstsein hat ganz massiv etwas mit mir selber zu tun. Ich muss mir selber bewusst machen, wer ich bin und was ich bin. Und ich muss mir selber bewusst machen, ob ich es als Makel betrachte, Wessi oder Ossi zu sein oder ob das eigentlich gar nichts mit dem Wert als Mensch zu tun hat, der ich bin.

Es kann zunächst irritieren wenn einer meint: Du Wessi oder du Ossi hast doch keine Ahnung. Wenn ich aber irgend wann mir klar gemacht habe, ganz egal ob ich nun Wessi oder Ossi bin, entscheidend ist wie ich als Mensch bin. Dann kann ich mit solchen Schubladen anders umgehen.

Ich habe diese Erfahrung schon recht früh gemacht. Als Schwabe habe ich in Konstanz studiert, im tiefsten Badener Land. Dass da noch aus grauer Vorzeit gewisse Ressentiments und teilweise sogar Feindschaft übrig geblieben waren, wurde mir erst zu der Zeit bewusst. Und auch als ich hier her nach Brandenburg kam, kam sehr oft eine bestimmte Reaktion, wenn ich den ersten Satz gesagt habe. Oh ein Schwabe, und dazu ein gewisses Lächeln und ein Zucken der Augenbrauen.

Nach und nach habe ich mir aber dieses Selbstbewusstsein erarbeitet um sagen zu können: Ob ich nun Schwabe, Badener, Ossi oder Wessi bin spielt keine Rolle. Entscheidend ist am Ende wie ich mich als Mensch verhalte und gebe.

Vielleicht wäre es höchste Zeit, dass sich die "Ossis" genau dieses Selbstbewusstsein erarbeiten würden. Es gibt einige, die das schon gemacht haben. Aber ich denke es gibt immer noch viele, die meinen, das könne irgend jemand ihnen geben? Nein, das kann dir keiner geben, das muss sich jeder selber erarbeiten. Dieses Selbstbewusstsein hat aber nichts zu tun mit falschem Stolz, sich über andere erheben zu wollen oder andere herab zu würdigen.

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