Ideologie 069 - Vom Übernehmen von Verantwortung in der Politik

11. Juni 2018

Schon oft habe ich Nachrichten, Artikel und Berichte gelesen, in denen stand, dass jemand endlich Verantwortung übernommen und deswegen seinen Auftrag zurückgegeben oder sein Amt niedergelegt habe. Mir erschien das stets nicht sehr glaubwürdig, denn ein Rücktritt ist nichts weiter als das finale Eingeständnis, der Aufgabe nicht gewachsen gewesen zu sein. Möglicherweise ist dabei so viel Schaden und Müll entstanden, dass erst einmal andere Kräfte nötig sind, um die Sache wieder in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.

Mit Verantwortung übernehmen verbinde ich stattdessen eher anderes, nämlich

  1. seine Aufgabe stets so zu erledigen, dass die notwendigerweise auszuführenden Dinge vollständig erledigt werden. Das gilt für jede Stufe in einer Hierarchie gleichermassen.
  2. von Vorne ehrlich und damit vorbildlich führen.
  3. in schwierigen Situationen vorne dabei bleiben und aktiv mithelfen, die Dinge wieder zum Besseren zu wenden.
  4. das der Stufe in der Hierarchie angemessene Mass an Verantwortung tragen und nicht einfach nach unten abschieben / delegieren.
  5. wenn ein Schaden oder ein Chaos angerichtet wurde, sich selbst nicht zu schade sein, es selbst in Ordnung zu bringen oder dabei mitzuhelfen.
  6. generell eine Haltung entwickeln, die Schlechtes zum Guten wenden will. Inklusive der nötigen Demut, nicht einfach auf althergebrachte, untaugliche Spässe, Floskeln und Ideologie reinzufallen, sondern sich darum kümmern, taugliche Ideen und Konzepte zu vertreten und zur Anwendung zu bringen.

Wie man der Liste ansieht, habe ich keine Schwierigkeiten, 6 Punkte zu finden, die vor der letzten Möglichkeit des Rücktritts zu Anwendung kommen sollten. Gerade aktuell ist es oft so, dass ein Rücktritt nicht gut ankommt, weil eine Führungskraft in Wirtschaft und Politik in der Regel gerade für das Wahrnehmen der mit der Position verbundenen Verantwortung bezahlt wird. In vielen Fällen nicht in Höhe eines Hungerlohns. Diesen hat man stets bekommen und nicht selten erhält man mit dem Abgang noch eine Abfindung. Haften für den Unfug, den man möglicherweise angestellt hat, muss man nicht. Auch wenn auf den Rücktritt vielleicht eine kleine persönliche Durststrecke folgt, das Ausbaden der Konsequenzen schlechter Entscheidungen, müssen andere erdulden. So kann man lange und viel von Verantwortung sprechen, es wirkt nicht glaubwürdig.

Auch wenn man von möglichst grosser oder gar grenzenloser Freiheit spricht, muss man erkennen, dass es keine Freiheit zu verantwortungslosem Handeln geben kann. Solches beschädigt nämlich stets andere in ihrer Freiheit. Wirklich frei kann man nur mit Verantwortung sein, das verhält sich proportional.

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Schöne Frühsommerlandschaften sind mir gerade lieber als Politik. Eigene Aufnahme.


Man konnte wohl ahnen, worauf ich in diesem Artikel noch ansprechen wollte. Es geht um das neueste Gespräch zwischen der Journalistin Anne Will und Bundeskanzlerin Angela Merkel [1].

Angesehen habe ich mir das Video nicht, sondern mich darauf beschränkt, einen Bericht bei B. Z. Berlin [2] und eine Analyse bei Tichy's Einblick [3] zu lesen.

Zunächst zum Bericht. Aus diesem geht hervor, dass am Sonntagabend wohl wieder einiges geredet und verkündet wurde, aber man sich nicht viel Hoffnung machen sollte, dass dem Geschwätz auch Taten folgen. So wird erwähnt, dass der jüngste Mordfall, der selbstverständlich von Regierungsgegnern aufgebauscht und instrumentalisiert wurde, zeige, das Menschen ohne einen sie zum Aufenthalt in Deutschland berechtigenden Status das Land verlassen müssen. Dieses Thema ist längst erledigt. Es sei denn man arbeitet in den nächsten Jahren wenigstens die Fälle ab, die ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland sind, wenigstens die, die Straftaten begangen haben und lässt diese das Land verlassen. Aber das gibt massig unpopuläre Arbeit, die wahrscheinlich niemand ausführen will, unabhängig davon, was die Politiker sagen.

Darüber hinaus wurde endlich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Aussicht gestellt, die es wohl schon vor etwa zwei Dekaden gebraucht hätte. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde erwähnt. Dazu wurde gesagt, dass es nicht ausreichend auf einen Ansturm vorbereitet gewesen sei und das Kanzleramt mit Kanzlerin mitverantwortlich seien. Im Titel des Berichts standen die Worte: Habe Verantwortung für Missstände beim Flüchtlingsamt. Ja schon, aber welche davon ist das Kanzleramt nicht nur zu haben, sondern auch zu tragen mit allen Konsequenzen bereit?

Einfach zu sagen, man habe Verantwortung oder leise antönen, dass man wohl einen Fehler gemacht habe, aber alle entstandenen Kosten und Konsequenzen bei den Bürgern liegen lassen, ist so billig und wertlos, dass ich das keinen Sekundenbruchteil ernst nehmen kann. Wenn man Verantwortung tragen will, muss man den unfreiwillig von Konsequenzen betroffenen Menschen etwas abnehmen.

Würde das Kanzleramt Verantwortung übernehmen, würde es etwa einen substantiellen Teil der entstandenen Kosten selbst bezahlen, die das Abenteuer gekostet hat und noch kosten wird und diese nicht mehr wie bisher den Steuerzahlern aufbürden. Woher das Geld genommen wird, wäre mir egal, solange es nicht in irgendeiner Weise vom Steuerzahler oder der Bundesbank kommt.

Die Analyse bei Tichy's Einblick befasste sich mehr mit dem G7-Gipfel und den für mein Empfinden recht fragwürdigen Ergebnissen desselben. Der Titel - Der TV-Talk als Kanzel - Merkel bei Will: Das Endspiel hat begonnen! - zeigt schon, dass die deutsche Regierungsspitze sich recht bald noch einmal neu wird erfinden müssen, wenn sie nicht recht bald von handfesten Tatsachen hinweggefegt werden will, die aus dem stetig wachsenden Bereich der Menschen kommen, über den sie während der letzten Jahre massiv an Einfluss verloren hat. Meiner Erkenntnis ist die, dass dort nicht mehr viel Realitätsnähe besteht. Realitätsferne wird immer bestraft. Umso härter, je länger die Bestrafung hinausgezögert wird.

Dass es auch im Parlament nicht gänzlich anders ist, zeigt eine Aussage eines Abgeordneten der CDU. Beim alternativmedialen Portal PI News [4] wurde letztens Armin Schuster [5] folgendermassen zitiert:

"Es gab im deutschen Bundestag, in den Medien, in der deutschen Bevölkerung eine grosse Übereinstimmung über die Strategie der Willkommens-Kultur."

Anhand dieses Zitates habe ich mir gedacht, dass Herr Schuster und seine Freunde ganz leicht hätten prüfen können, wie gross die Unterstützung bei den Deutschen ist. Hätten sie die ganze Asyldienstleisterei - oft wird von Asylindustrie gesprochen, aber das ist falsch, das ist keine Industrie, da sie nichts mit Qualitätsgarantie usw. produziert - rein privat organisiert und nur mit freiwilligen Zuwendungen finanziert.

So wie er es dargestellt hat, mit dieser grossen Übereinstimmung, wäre das ein völlig gefahrloser, ja ein verlockender und absolut fairer Schritt gewesen. Fair, weil die mitmachen, die es auch wollen, wer nicht gewollt hätte, hätte auch nicht mitmachen müssen und jederzeit wäre eindeutig klar gewesen, wie viel Geld alles kostet und wie viel zur Verfügung steht. Durch die Politik wurde in diesem Bereich in den vergangenen Jahren ein grosses Kostenchaos angerichtet, welches die entlastungswürdigen deutschen Steuerzahler noch lange beschäftigen wird.


[1] Video: Nach dem G7-Gipfel - Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gast bei ANNE WILL. Das Erste, 10. Juni 2018 https://www.daserste.de/information/talk/anne-will/videosextern/nach-dem-g7-gipfel-bundeskanzlerin-angela-merkel-zu-gast-bei-anne-will-100.html
Verlinktes YouTube Video: Anne Will 10.06. zu Gast Bundeskanzlerin Angela Merkel - nach G7 - Gipfel. what about Youtube Kanal, 10. Juni 2018
[2] Zu Gast bei „Anne Will“ - Merkel: Habe Verantwortung für Missstände beim Flüchtlingsamt. B. Z. Berlin, 11. Juni 2018 https://www.bz-berlin.de/deutschland/merkel-uebernimmt-verantwortung-fuer-misstaende-beim-fluechtlingsamt
[3] Der TV-Talk als Kanzel - Merkel bei Will: Das Endspiel hat begonnen!
[4] Sind wir jetzt alle schuld am BAMF-Skandal? - CDU-Abgeordneter: Ganz Deutschland hat Willkommenskultur gewollt. PI News, 29.Mai 2018, von Beobachter http://www.pi-news.net/2018/05/cdu-abgeordneter-ganz-deutschland-hat-willkommenskultur-gewollt/
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Armin_Schuster


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