Vorschläge und Alternativen der Postwachstums- bzw. Degrowth-Bewegung

Ein Dankeschön vorab


Wilhelm Gunkel@unsplash

Angesichts der Tatsache, dass dieser Account gerade mal eine Woche alt ist, bin ich sehr dankbar über die vielen positiven Reaktionen auf die letzten Beiträge.

An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass ich FÜR und nicht GEGEN etwas bin. Ich bin zuallerst für das Bewahren unserer Lebensgrundlage. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Erde nicht nur unsere materielle, sondern auch spirituelle Lebensgrundlage ist und wir die Prinzipien, die sie erhalten, nicht ignorieren, sondern wertschätzen sollten. Dazu gehört z. B. auch die self-sufficiency*. Aber ich wünsche mir auch, dass alle Menschen sich wertschätzend begegnen können, auch dann wenn sie nicht dieselbe Meinung teilen.

*Darunter verstehe ich nicht nur den Inhalt der deutschen Übersetzung "Selbstversorgung", sondern auch ein philosophisches Prinzip: die Übereinstimmung mit sich selbst.

"Degrowth is coming – be ready to repair"

Fas Khan@unsplash

Nun zurück zum eigentlichen Thema. Ich habe inzwischen den zweiten Teil des Vortrags "Degrowth is coming – be ready to repair" aus dem Jahr 2019 (Lecture-Eintrag vom Event-Wiki, Video) zusammengefasst.

Darin stellt Nicolas Guenot Vorschläge und Alternativen der Postwachstums- bzw. Degrowth-Bewegung vor.

Vorschläge und Alternativen der Postwachstums- bzw. Degrowth-Bewegung


Adrian Trinkaus@unsplash

Zunächst kommt er nochmal auf den Fortschrittsgedanken zu sprechen und warum dieser eine (unbequeme) Kehrseite hat.

Aus ökonomischen Gründen wird versucht, Wirtschaftswachstum zu retten bzw. dort, wo es eingebrochen ist, wiederherzustellen. Auf der anderen Seite gibt es das Ziel, unsere ökologische Lebensgrundlage zu retten. Das passt beides aber nicht zusammen.

Das liegt an einem problematischen Fortschrittsbegriff. Er orientiert sich an Begriffen wie Produktionssteigerung und Effizienz (durch Reboundeffekte steigert sich die Produktion zu-dem auch nochmal).

Insgesamt verschärft sich die ökologische Krise durch diese Art des Fortschrittdenkens weiter.

Da es irgendwann keine Ressourcen (Öl, Kohle, seltene Erden) mehr geben wird und die momentane Produktionsweise nicht zukunftsfähig ist, wird es immer wahrscheinlicher, dass wir sie in dieser Form nicht länger durchführen können.

Degrowth by design


Kevin Bhagat@unsplash

Degrowth kann auch eine Entscheidung sein. Wir können uns selbst für die Idee einer Postwachstumsgesellschaft entscheiden.

Die Degrowth-Bewegung geht davon aus, dass man, um die Kriterien bei der Neugestaltung, z. B. der Digitalisierung, zu bestimmen, sich erstmal fragen muss, wie ein gutes Leben für alle aussehen könnte.

Da es dem globalen Norden besser als dem Süden geht und auch jeder eine andere Vorstellung vom guten Leben hat, brauchen wir andere Prinzipien zu ihrer Beantwortung als nur unsere eigene Vorstellung.

Jeder Einzelne muss sich bewusst überlegen, wie er sich ein gutes Leben vorstellt, das nicht auf Kosten anderer geführt wird und was das für sein persönliches Leben bedeutet (Was tue ich? Was lasse ich?).

Die Frage nach dem guten Leben ist aber nicht nur eine individuelle, sondern auch eine große Frage nach der Gestaltung unserer Wirt-schaft.

Ein solches Prinzip könnte zum Beispiel die Suffizienz sein.

Weitere sind/könnten sein:

Entschleunigung

Für digitale Produkte könnte das zum Beispiel bedeuten, ein wenig auf Entschleuni-gung zu setzen, auf langsamere Kommunikation (z. B. weniger kurze Textnachrichten und dafür längere E-Mails).

Datensparsamkeit

Weniger Daten zu produzieren, bedeutet weniger Stromverbrauch und geringerer Be-darf für Infrastrukturen und Rohstoffe. Auch aus Datenschutzgründen ist Datenspar-samkeit eine gute Idee.

Wie kommen wir dahin und welche Auswirkungen hat das auf uns?

Einige dieser Prinzipien sind mit der Angst eines notwendigen Verzichtes verbunden. Es geht dabei aber auch um Gerechtigkeit. Und auch hinsichtlich der planetaren Grenzen ist der Verzicht eine logische Folge der Umverteilung in einem begrenzten System.

Möchte man die verbleibenden Ressourcen gerecht nutzen, bedeutet es, dass die, gerade sehr viel haben, ein bisschen weniger haben werden. Dafür werden andere Menschen, die gerade unter schlechten Bedingungen leben, mehr haben.

Wie teilt man am besten?
Bei der Frage nach dem Teilen (z. B. von Software und Daten) spielt auch die Frage nach den ökologischen Kosten eine Rolle. Denn hinter jeder digitalen Anwendung steht immer auch eine materielle Infrastruktur (z. B. Rechenzentren) sowie ein Ener-gie- bzw. Rohstoffverbrauch.

Bei der Frage "Wie teilt man am besten?" müssen wir uns also entscheiden, was wir teilen wollen und wie wir das tun wollen (zu welchen Kosten?). Teilen ist daher eine komplizierte Frage.

Es gibt aber für den Alltag auch Prinzipien, die wir befolgen können, um die Rohstoffe, die wir nutzen, besser mit anderen teilen zu können:

Langlebigkeit und Reparatur


Steve Johnson@unsplash

Langlebigkeit von Anfang an: Wir können Produkte, Werkzeuge etc. so gestalten, dass sie möglichst lange halten.

Es ist bei der Reparatur wichtig, sowohl die Hardware als auch die Software zu berücksichtigen.

In diesem Zusammenhang spielt die Software-Obsoleszenz eine Rolle: Gibt es keine aktuelle Software mehr, ist auch die Hardware „verloren“ bzw. kaputt.

Die Alternative wäre, zu reparieren und zum Beispiel eine eigene Software zu schreiben, wenn die Hardware offiziell nicht mehr unterstützt wird.

Modularität

Markus Spiske@unsplash

Durch Modularität lässt sich Technik besser an unsere Bedürfnisse anpassen. Wenn wir Modularität fördern möchten, brauchen wir aber auch einheitliche Standards: also eine Vereinbarung darüber, wie eine bestimmte Technik funktioniert.

(Offene) Standards sind nötig, um komplexe Probleme zu lösen und Software und Hardware, die wir nutzen, nachhaltiger gestalten zu können und die ökologischen Kosten zu senken. Die Software, aber auch die Hardware muss dafür Open Source sein.

Transparenz

Shubham Sharan@unsplash

Möchte man bei Hard- und Software modular vorgehen, entstehen auch Fragen nach dem Umgang mit Daten. Es wäre zwar (mehr) Transparenz wünschenswert, doch damit gehen auch Datenschutzprobleme einher.

Die Frage lautet also: Welche Daten sollen transparent werden und welche nicht? Natürlich ist es nicht sinnvoll, persönliche Daten zu veröffentlichen, bei Daten von Konzernen sieht es aber vielleicht anders aus.

Technikalternativen/Old- und Lowtech

Chris Ried@unsplash

Häufig werden alte Geräte nicht mehr verwendet, weil es für sie keine aktuelle Software mehr gibt. Mit technischem Verständnis lassen sich aber auch alte Geräte weiternutzen, wie Hacker immer wieder zeigen.

In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, immer wieder abzuwägen zwischen Innovation (Welche neuen Features brauchen wir?) und Nachhaltigkeit (Wie nachhaltig möchten wir unsere Geräte produzieren?).

Auch bei dieser Betrachtung lässt sich die Frage nach der richtigen Software nur umfassend beantworten, wenn man die Hardware miteinbezieht, da sie sich gegenseitig bedingen.

Demokratisierung in der Technik- bzw. Software-Entwicklung


Roman Kraft@unsplash

Auf der B&B-Konferenz 2018 haben die Teilnehmenden im Jahr 2018 ein Paket an Forderungen erarbeitet, zu dem auch die Demokratie gehört.

Die Digitalisierung sollte ihrer Meinung nach demokratischer gestaltet werden und demokratische Prozesse auch unterstützen. Indem sie emanzipatorische Potenziale, dezentrale Teilhabe, offene Innovationen und zivilgesellschaftliches Engagement fördert.

Bildquellen
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