Pestizide doch schädlicher als uns vorgespielt


[wills auch mal mystisch machen :D CC0 Creative Commons; https://pixabay.com/de/fantasy-grabstein-gruselig-2542946/]

Die Artikel von Sco und lesshorible

Warum Frosch Transvestiten Uns Etwas AngehenNrf2: Das zelluläre Wächterprotein gegen oxidativen Stress

haben mich dazu inspiriert meine Forschungsarbeit rauszukramen und zusammengefasst über ein bis Dato nicht berücksichtigtes Konzept der Pestizidforschung, Toxikologie, Arzneimittelforschung, aber auch vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft zu schreiben. >>Interaktion<<

"Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" - Aristoteles


[Schwarmintelligenz, fang einen Vogel und schrei ihn an dir das Geheimniss zu verraten, er wird es nicht wissen - eine Emergenz aus der Interaktion]

Wir haben einen Hang zum separieren. Einzelne Stoffe werden als potentielle Bösewichte getestet. Hat man für Stoff A keinen Effekt, dann gilt der Stoff als "safe". In der EU ist es demnach so, dass uns NUR und ausschließlich "safe" Stoffe umgeben. Und da A+B=C ist, haben all diese sicheren Stoffe in Kombination maximal einen additiven Effekt (AE), der dann auch vernachlässigbar ist..."wir haben sie ja selbst in fünzigfacher Konzentration als sicher getestet"

...so die Annahme

Doch was kommt da auf unsere Felder und ist das überhaupt relevant für den Effekt der UNS betrifft? Auf unsere Felder kommen ausschließlich getestete Stoffe die selbst in hohen Mengen als sicher gelten.

Bild: By D. Dibenski - images.fws.gov ([1]), Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3440966

Doch halt: der Bauer auf dem Felde bringt schon mal nicht nur EIN Pestizid, sondern mindestens drei Pestizide auf.

  • Insektizide ...schütz vor Krabeltieren
  • Herbizide ... schützt vor Unkraut
  • Fungizide ... schützt vor Pilzbefall

Was ganz lustig ist. Gibt man "Pestizide" bei Wikipedia auf deutsch ein und schaut sich das erste Foto an vs. das auf englisch, dann erkennt man einen kulturellen Unterschied :D


["Tunnelspritzgerät in einem Weingarten" links (By Karl Bauer [CC BY 3.0 at (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/at/deed.en)], from Wikimedia Commons) vs. "Cropduster rechts (By USDA Photo by: Charles O'Rear -https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1524871)]

Fakt ist also, in der für uns RELEVANTEN Situation gibt es keine Einzelsubstanzen in Isolation. Es gibt zumindest Kombinationen.
Aber was interessiert uns das? Was sollte denn die Forschungsfrage sein?

>>Ist das was IN UNS gelangt schädlich?<<

was interessiert mich, was auf den Spitzkohl aus Belgien kommt? (Vor allem wo ich die Avocado aus Mexico esse) Oder ob die Substanz so wie sie im Spritzbehälter ist oder aus dem Labor kommt, schädlich wäre. Ich lebe in keinem Spritzbehälter. BULL SHIT! * "Uns" schließt natürlich die Tiere und anderen Pflanzen mit ein.

Mittlerweile schafften es die Ergebnisse von Kombinations-Tests in die renommierten Paper wie das Nature. Und?

Das was laut EU-Tests nicht schädlich ist, ist plötzlich in der Konzentration schädlich, in der wir es aufnehmen oder in der es die Flora und Fauna in der Umgebung abbekommen.

Nimmt man allein zwei der Stoffe, die zusammen im Organismus wirken, dann hat man Wirkverstärkungen um 1000%, 2000% also einen Faktor von 20 wie z.B. bei Piperin und Curcurmin (das kann zum Guten wie zum Schlechten sein). Jetzt kommt die Realität ins Spiel. Baut man umweltrelevante Stressoren mit ein, dann hat man zusätzlich noch einmal Verstärkungen um den Faktor 100! Das sind 10000%!!!

"To quantify such multiple stress effects, we analysed all applicable aquatic studies and found that the presence of environmental stressors increases individual sensitivity to toxicants (pesticides, trace metals) by a factor of up to 100" (Liess et al. 2016; Artikel veröffentlicht im Nature)

Also: die EU nimmt die 1000 fache Konzentration und findet keinen Effekt für ein bestimmtes Pestizid oder chemischen Stoff...ergo nehmen wir Schäfchen an, dass dieser Stoff definitiv sicher ist.

Nimmt man aber nur einen zweiten Stoff in geringer, Umwelt-relevanter Konzentration hinzu, hat man einen bestimmten Faktor um die 20. Nimmt man nun noch die Lebensumstände aka. Stressoren, welche in der Natur vorkommen, hat man nochmal einen Faktor von bis zu 100 :D :D :D

Und jetzt braucht es doch nur gesunden Menschenverstand um zu verstehen, was passiert wenn mit einer Tomate nicht nur zwei, sondern tausend verschiedene chemische Substanzen aufgenommen werden. Die Stoffe haben drei Möglichkeiten:


[Eigene Abbildung nach MAQUARDT ET AL. 1999, TOXICOLOGY, S.257]

  • keine Interaktion (Effekt Stoff A + Stoff B kann einfach addiert werden)
  • sie interagieren und verstärken sich (Stoff A verstärkt Stoff B = Potenzierung; Stoff A verstärkt B und B verstärkt A = Synergismus)
  • sie interagieren und schwächen sich ab

und je nach Effekt bräuchte es eigentlich ein bestimmtes Modell

Wir nutzen aber ausschließlich additive Modelle (A+B=C wie 1+1=2) weshalb wir auf dem Auge der Interaktionen (1+1= 1000) prinzipiell blind sind!

Das Test-Glas im Labor mit den vermeintlich sicheren Konzentrationen, der vermeintlich sicheren Chemikalie enthält nun einen armen toten Wasserfloh...was soll also der Scheiß. Wie auch die Gewässer neben den Feldern.

Interaktionen können aber auch Wünschenswert sein: z.B. Curcurmin und Piperin (schwarzer Pfeffer) so wird das sonst kaum bioverfügbarer Curcurmin um den Faktor 20 oder 2000% Bioverfügbarer wenn man es mit Piperin kombiniert (Shoba et al. 1998). Das bedeutet irgendwelche Kapseln mit Curcuma-Pulver sind Scam welche unter dem Sigel "Natürliche Heilmittel" angepriesen werden. Bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass durchaus im Bereich pflanzlicher Heilmittel geforscht wird. PS. Die oben genannte Kombination nennt man auch Curry :D

[By Yewenyi, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=663058]

Worum es mir geht ist, dass die Realität die wir meinen mit unseren Ergebnissen zu generieren in einigen Fällen nicht nur eine Illusion, sondern auch Schwachsinn ist und grob fahrlässig. Bisher habe ich mich mit Toxikologen und Biochemikern darüber unterhalten und wirklich verstanden hat es eine Gärtnerin. Es geht hier nicht um Stoff-Interaktionen, es geht um das Prinzip von Emergenzen. Das ganze lässt sich nicht aus dem sauber Separiertem erklären. Die Baukastenlogik mit der wir im Ingenieurbereich so erfolgreich sind, ist hier absolut unangebracht.

Es ist nicht falsch das wir dennoch (weil Interaktionen selten vorkommen) das beste Risiko-Bewertungs-System der Welt haben, dennoch hat es starke Schwächen und 10000% würde ich bei einem Schadeffekt eine Schwäche nennen. Boa ist das heiß, wenn das kein Klimawandel ist :D Bin raus, habt ein wundervolles Wochenende :)


Quellen:

  1. BJERGAGER, M., HANSON, M., LISSEMORE, L., HENRIQUEZ, N., SOLOMON, K., CEDERGREEN, N. (2011): Synergy in microcosms with environmentally realistic concentrations of prochloraz and esfenvalerate. Aquatic toxicology (Amsterdam, Netherlands). 101. 412-22. 10.1016/j.aquatox.2010.11.004.
  2. BJERGAGER, M.A., HANSON, M.L., SOLOMON, K.R., CEDERGREEN, N. (2012): Synergy between prochloraz and esfenvalerate in from acute and subchronic exposures in the laboratory and microcosms, Aquatic Toxicology, Volume 110, 2012, S. 17-24.
  3. CEDERGREEN N. (2014): Quantifying Synergy: A Systematic Review of Mixture Toxicity Studies within Environmental Toxicology. Nazir A, ed. PLoS ONE. 2014;9(5):e96580. doi:10.1371/journal.pone.0096580.
  4. CEDERGREEN, N., CHRISTENSEN, A.M., KAMPER, A., KUDSK, P., MATHIASSEN, S., STREIBIG, J., SØRENSEN, H. (2008): Review of independent action compared to concentration addition as reference models for mixtures of compounds with different molecular target sites. Environmental toxicology and chemistry / SETAC. 27. 1621-32. 10.1897/07-474.
  5. CÔTÉ IM, DARLING ES, BROWN CJ. (2016): Interactions among ecosystem stressors and their importance in conservation. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. 2016;283(1824):20152592. doi:10.1098/rspb.2015.2592.
  6. CRAIN, C. M., KROEKER, K. AND HALPERN, B. S. (2008): Interactive and cumulative effects of multiple human stressors in marine systems. Ecology Letters, 11: 1304–1315. doi:10.1111/j.1461-0248.2008.01253.x
  7. DANISH VETERINARY AND FOOD ADMINISTRATION. BINDERUP, MONA-LISE; DALGAARD, M.; DRAGSTED, L. O.; HOSSAINI, A.; LADEFOGED, OLE; LAM, HENRIK RYE; LARSEN, J. C.; MADSEN, C.; MEYER, O.A.; RASMUSSEN, E. S.; REFFSTRUP, T. K.; SØBORG, I.; VINGGAARD, A. M.; ØSTERGÅRD, G. S. (2003): Combined Actions and Interactions of Chemicals in Mixtures : The Toxicological Effects of Exposure to Mixtures of Industrial and Environmental Chemicals. FødevareRapport; No. 2003:12. S.23
  8. LIESS, M., FOIT, K., KNILLMANN, S., LIESS, H., SCHÄFER, R.B. (2016): Predicting the synergy of multiple stress effects. Scientific reports.
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