Das Einmaleins der Notfallmedizin, Teil 4: Adenosin

Heute gibt's gleich zwei Teile dieser Reihe, nämlich auch noch einen, der schon lange auf meinem Plan steht. Ich hatte ja angekündigt, daß es etwas mehr in die Tiefe geht ...

Adenosin gehört für mich unbedingt in die Liste der wichtigen Begriffe bzw. Medikamente im Rettungsdienst, da es ein wichtiges Mittel zur pharmakologischen Kardioversion ist und als solches auch auf jedem Rettungswagen mitgeführt wird.

Ein bißchen (Bio-)Chemie

Adenosin ist chemisch mit Adenin verwandt, hat aber anders als diese offenbar keine Bedeutung bei der genetischen Informationsweitergabe. Adenin bildet in der RNA und der DNA ein Basenpaar zusammen mit Thymin oder Uracil, Adenosin ist lediglich in der RNA zu finden, dort bindet es an die Nukleoside Ribothymidin und Uridin.

Chemisch gesehen gehören Adenosin und Adenin zu den Purin-Basen, während Thymin und Uracil zu den Pyrimidin-Basen zählen. Adenosin spielt als ATP (Adenosintriphosphat) eine wichtige Rolle beim Energiehaushalt der Zelle(n).

Als Neurotransmitter wirkt sich Adenosin desweiteren durch Interaktion mit vier verschiedenen Adenosin-Rezeptoren (A1, A2A, A2B, A3) auf die Kontraktionsfähigkeit der Herzmuskulatur, die Schlagfrequenz des Herzens, die Weite der Blutgefäße, die Gesinnungsfähigkeit des Blutes, die Schmerzwahrnehmung, den Schlaf und die Freigabe von Entzündungsmediatoren (also Stoffen wie Histamin, die eine Entzündungsreaktion einleiten) aus.
Als Antagonist gegen all diese Wirkungen kommt Theophyllin zum Einsatz, teilweise auch Koffein, die beide chemisch sehr Adenosin ähneln.

Kardioversion?

Die wichtigere notfallmedizinische Bedeutung von Adenosin ergibt sich aus seiner Fähigkeit, eine sich im oder um den AV-Knoten herum manifestierende Wiedereintritts-Tachykardie zu beenden. Diesen Vorgang bezeichnet man als medikamentöse Kardioversion.

Für den Patienten äußert sich die Symptomatik der AV-Reentry- oder AV-Knoten-Reentry-Tachykardie durch anfallsartig spontan auftretendes, wieder abnehmendes Herzrasen. Manchmal läßt sich diese Symptomatik durch sog. Vagusmanöver, also Handlungen, die den Vagusnerv stimulieren, etwa das Anhalten der Luft oder Trinken kalten Wassers.

Adenosin selbst durchbricht den Erregungskreislauf und die damit verbundene Tachykardie durch Blockade des elektrischen Signals am AV-Knoten. Man bezeichnet Adenosin daher als Klasse V-Antiarrhythmikum (gemäß der Vaughan-Williams-Klassifikation).

Für den Patienten ist die medikamentöse Kardioversion mit Adenosin insofern strapaziös, als daß er sie bei vollem Bewusstsein erlebt und auf die Beendigung der Tachykardie eine mehrsekündige Asystolie folgt, die sich wie ein Asthmaanfall anfühlt.

Nachgewiesen ist außerdem, daß Adenosin im Fall von Vorhofflimmern oder -flattern zwar nicht zu einer Beendigung der Symptomatik, aber zu einer temporären Verlangsamung der Antwort der Herzkammern führt. Die Auswurfleistung des Herzens wird damit positiv beeinflußt.

In jedem Fall handelt es sich aber nur um eine kurzzeitig wirksame Therapie.

Quellen
  • vor allem Wikipedia in deutsch und englisch (Stichworte: Adenosin, Adenin, RNA, Purin, Inotropie, Chronotropie, Vasodilatation, Cardioversion, Wolff-Parkinson-White syndrome, Tachykardie und andere mehr)
  • Journal für Kardiologie
Über die Reihe "Das Einmaleins der Notfallmedizin"

In dieser Beitragsreihe erkläre ich in loser Folge Begriffe aus der Ersten Hilfe und Notfallmedizin, die mir gerade wichtig sind. Grundsätzlich dient die Reihe auch dazu, mein eigenes Wissen aufzufrischen.

Bisher sind erschienen:
Das ABCDE-Schema
Die Anamnese
Der anaphylaktische Schock

H2
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3 columns
2 columns
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