Zeitgeist

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Vor ein paar Monaten half ich bei einem Umzug. Der andere Helfer war ein junger Mann von 24 Jahren (und, ja, wir beide wuppten das Grobe allein). Er war fit, an Körper und Geist; wir waren uns schnell einig, welches Möbel wir zerlegen und welches andere wir am Stück schaffen. Drei Stunden, drei Bierchen, drei Fahrten mit dem Transporter und die Sache war durch.

Bei den Fahrten und in der Schnittchenpause kamen wir ins Gespräch und binnen zweier Minuten auf Weltsichten. „Natürlich bin ich links“, sagte er, „das muss man doch sein, so wie die Welt ist, voller Egoismen. Ich möchte für den Altruismus arbeiten. Darum wähle ich die Grünen.“

Wenn ich ihn richtig deute, möchte er am Menschen arbeiten, denn Altruismus ist dessen Eigenschaft; Systeme und Dinge, mechanische und politische, können effizient und elegant sein, oder umständlich, oder kaputt. Altruistisch sein können sie nicht. Daraus folgt, dass er den Menschen ändern möchte.

Versucht wird das seit langem; im Kommunismus seit groben 100, im Christentum seit 2000 Jahren. Erfolg gleich null, Blutzoll in die 'zigmillionen gehend. Aber es ist eben nur noch nicht richtig versucht worden.

Sein Gegenüber war ich, der Rechte, der mit dem Egoismus. Der sich angesichts einer Politik, die in Termini von Gefühlen, von Gut-Sein und von Legislaturperioden tickt, Gedanken um Mitteleuropa in 30, 50, 100 Jahren macht. Ich habe keine Kinder und leide nicht persönlich unter den Veränderungen der letzten knapp drei Jahre, ich fahre weder Straßenbahn noch bewege ich mich auf Partymeilen. Warum bin ich ein Egoist?

Der junge Mann ist auf Facebook; ich sagte ihm, wo er mich dort findet und lud ihn ein, mir Contra zu geben, nach Herzenslust. Er tat es nicht. Die Begebenheit würde mich nicht weiter erschüttern, wäre er ehemaliger Waldorfschüler und nun Kunsttherapeut.

Aber er ist Student der Politologie und Philosophie. Der Text endet mit Absicht an dieser Stelle.

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