Worüber sich die Gerichte in Deutschland (un)einig sind...

Unbenannt.JPG

Die Headline hätte auch lauten können: "Lebensnotwendige juristische Entscheidungen in Deutschland - Ausgabe 569.887 von 8.741.238.999"

Ja, so ist das, wenn sich Menschen langweilen, die vor lauter kapitalistischen Wohlstand nicht wissen, was sie mit ihrer wertvollen Lebenszeit anfangen sollen. Da wird dann vor Gericht darüber sinniert, ob ein Brötchen eine zubereitete Speise ist oder nicht und ob Bäckereien an Sonn- und Feiertagen länger als drei Stunden geöffnet haben dürfen.

Zum Glück .... Ja, ich muss konstatieren - Ein großes Glück!, hat sich diesem Problem und dieser schwerwiegenden Frage das Oberlandesgericht in München (Az: 6 U 2188/18) angenommen und entschieden. Vorerst versteht sich, denn Revision beim Bundesgerichtshof ist zugelassen.

Außerdem wird in dieser Frage auch die noch fast wichtigere Frage tangiert, ob denn auch das Ladenschlussgesetz tangiert wird. Denn Bäckereen dürfen an Sonn- und feiertagen in Bayern eigentlich nur drei Stunden geöffnet haben und ihre Backwaren an den geneigten Verzehrer verteilen, gegen Geld versteht sich.

Findige Bäcker jedoch hatten anderes im Sinn, als Gesetze zu befolgen, denen sie nie zugestimmt hatten.

"Um die teils restriktiven Regelungen zu umgehen, nutzen zahlreiche Backstuben daher einen rechtlichen Trick: Sie stellen Stühle und Tische in ihren Laden, bieten teils noch andere Speisen an und bezeichnen sich als Bistrocafé oder Bäckereicafé – schon gilt für sie nicht mehr das Ladenschlussgesetz in Verbindung mit den jeweiligen Verordnungen, sondern das Gaststättengesetz (von mir markiert! Ist wichtig!), das generell längere Öffnungszeiten vorsieht. Für Gaststätten nämlich gilt, dass hier zubereitete Speisen (sprich: gekochtes oder sonst wie an Ort und Stelle zubereitetes Essen, das eben nicht nur eine angelieferte und sonst nicht weiter bearbeitete Fertigware ist) verkauft werden. Und weil viele Gaststätten natürlich besonders an Sonn- und Feiertagen Gäste haben, dürfen sie an diesen Tagen auch länger geöffnet bleiben. Auch dürfen nach dem Gaststättengesetz zum alsbaldigen Verzehr gedachte Speisen über die Sperrzeiten hinaus zum Mitnehmen verkauft werden."

Wenn ihr nun durchatmet und euch freut über sonntäglichen Backwarengenuss, so habt ihr leider die Rechnung ohne die Zentrale für unlauteren Wettbewerb gemacht. Die hat nämlich Backwarenverkaufslädenamtsbeobachtungsposteninhaber ausgesandt, um die Öffnungszeiten genauestens zu protokollieren. Und siehe da, eine Backwarenkette hielt sich nicht an die gesetzliche drei Stunden Regel, der die Backwarenkette auch nie zugestimmt hatte. Also war der Semmelstreit, wie er offizielle getauft wurde, geboren.

Aber wie gesagt. Das OLG München hat da entschieden und nun herrscht wieder Ruhe und Ordnung in Germanien, denn "Die Richterinnen und Richter des OLG München sahen es nun als erwiesen an, dass auch unabhängig vom Anteil der Sitzflächen an der Gesamtladenfläche die Ausnahmeregelung des Gaststättengesetzes für die Öffnungszeiten greift."

Prima! Danke! Das Geld der Steuerzahler ist da gut angelegt.

Aber was mich nun interessiert. Sind denn Brötchen nun zubereitete Speisen? Das wollen wir doch alle wissen! Ah...jetzt kommt´s: "Für ihre Argumentation beschäftigten sich die Richter auch mit der Frage, was eine zubereitete Speise ist und ob zum Beispiel eine trockene Brezel als eine solche zu verstehen ist. Das wenig überraschende Ergebnis der richterlichen Überprüfung: ja. Denn bei Backwaren handele es sich um "verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden" seien."

Ich sagte ja bereits. Das Geld der Steuerzahler ist gut angelegt in Gerichte und Richterinnen und Richter.

Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-02/oeffnungszeiten-baeckerei-sitzgelegenheit-sonntage-feiertage-ladenschlussgesetz-olg-muenchen

H2
H3
H4
3 columns
2 columns
1 column
Join the conversation now
Logo
Center