Gestern im Zollamt - Gedanken zu Wirecard

IMG_20201007_114052_resized_20201008_080146916.jpg

Für die Abholung eines Paketes aus den USA war ich gestern Gast beim Hauptzollamt. Es war muffig und karg. Eine Maske musste ich nicht tragen (eine Seltenheit!). Der Beamte war freundlich.

Am schwarzen Brett hing neben allerlei Corona-Regeln ein Bild des zu sehenden Mannes, der für den Milliardenbetrug bei Wirecard verantwotlich gemacht wird. Offenbar momentan der meist gesuchte Mann in Deutschland.

Wie konnte er nur 1,9 Mrd. Euro bei einer philippinischen Bank verschwinden lassen ohne das es den Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young auffallen konnte? Das würde ich zu gern wissen. Immerhin sind 1,9 Mrd. Euro 81% der Bilanzsumme des Jahresabschlusses 2018.
Unbenannt.JPG

Der 2019er Abschluss liegt noch nicht vor, weil dieser erst im Zuge der Ermittlungen erstellt werden muss. Das dürfte noch dauern.

Aber konnte man anhand der letzten Bilanz respektive alle vorangegangenen erkennen, dass es sich um Betrug handelt? Ich hab´s mir mal angesehen. Also ich habe es nicht gesehen. Aber es gab Gründe, warum ich Wirecard nie gekauft habe, obwohl es das Vorzeigeunternehmen aus Deutschland gewesen ist.

  1. Das gebuchte Eigenkapital von 33,8% (2018) bzw. 40,4% (2017) wäre mir zu gering.
  2. Die verbuchten Forderungen bestehen zu 99,9% (2018) bzw. 99,6% (2017) aus Forderungen gegen verbundene Unternehmen, also gegen Unternhemen, mit den Wirecard wirtschaftlich verbunden ist, weil es entweder Tochterfirmen oder Firmen mit Beteiligungsverhältnis sind. Für Kreisgeschäfte ein ideales Umfeld.
  3. Fast das komplette Anlagevermögen besteht nur aus Anteilen an verbundenen Unternehmen, nämlich 98,9% (2018) bzw. 98,8% (2017).

Wirecard war damit ein Beteiligungsunternehmen was im Jahresabschluss auch nachzulesen ist. Dort steht: "Die Wirecard AG führt kein eigenes operatives Geschäft. Ihr Tätigkeitsbereich konzentriert sich auf das Erbringen von Verwaltungs-und Managementleistungen für ihre Tochtergesellschaften."

Das Geschäft haben also die Tochterfirmen besorgt. Konkret erwirtschafteten die 45 im Wirecard-Einzelabschluss aufgeführten Töchter ein aggregiertes Ergebnis in Höhe von 408,3 Mio. Euro. Davon entfielen 237,5 Mio. Euro auf die „cardSystems Middle East“, was einem Anteil von 58,2% entspricht. Also von genau der cardSystems Middle East FZ-LLC, Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) um die es auch bei den Betrugsermittlungen geht.

Der Geschäftsführer o.g. Firma hat sich bereits den Behörden in München gestellt: https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/geschaeftsfuehrer-der-dubai-tochter-weiterer-wirecard-manager-festgenommen/25980574.html

Und wer hat schon in all den vergangenen Jahren ein Wirecard-Logo auf irgendwelchen Bezahlterminals gesehen? Ihr etwa? Und wie oft?

Alles etwas undurchsichtig und alles nur Indizien, aber mir zu kompliziert.

Am Ende war ich froh, dass ich nur € 17,10 an Verzollgebühren für mein us-amerikanisches Paket entrichten musste und ging meiner Wege.

H2
H3
H4
3 columns
2 columns
1 column
Join the conversation now