[DE - ENG] Über die Treue zur Wissenschaft · About our devotion to science

Um uns der Wahrheit nähern zu können, müssen wir das, was ist, als das annehmen, was es ist.

Je mehr ich hinter die Kulissen des Journalismus blicke und anfange zu verstehen, wie Menschen arbeiten, die politische Forderungen durchsetzen möchten, desto kritischer werde ich gegenüber dem populären Wissenschaftsbegriff und wissenschaftlichen Fakten. Denn sie stehen häufig in einem politischen Kontext.

Englisch summary
The more I look behind the scenes of journalism and begin to understand, how people work who want to push forward their political goals, the more I become critical towards the popular notion of science and scientific facts. That's because they often appear in a political context.

Der Wissenschaftsbegriff des deutschen Idealismus, allen voran Hegels, und der des empirischen Konstruktivismus, möchten eigentlich dasselbe. Sie sind beide auf der Suche nach der Wahrheit, wissen aber GANZ GENAU, dass wir, um uns ihr nähern zu können, das, was ist, erstmal als das annehmen müssen, WAS ES IST. Es bedeutet immer „ja“ zu etwas Unbekanntem zu sagen.

Im Sinne der Phänomenologie müssen wir es als das Unbekannte stehenlassen, als das es erscheint. Wenn wir etwas wirklich verstehen möchten, können wir nicht mit Forderungen oder Vorannahmen an es herantreten. DAS IST WISSENSCHAFT. Wer sich und seine Argumentation also mit wissenschaftlichen Fakten schmücken möchte, sollte das wissen.

Das ist auch eine logische Konsequenz aus dem empirischen Konstruktivismus. Wir sind ständig in der „Zwangslage“ unser Denken anpassen bzw. ändern zu müssen, weil sich etwas an der Faktenlage geändert hat. In Wirklichkeit ist das, worüber wir nachdenken, immer gleich geblieben. Das heißt nicht unbedingt, dass sich alle unsere Fakten ändern, aber vielleicht die Art und Weise wie wir die Fakten interpretieren. Zum Beispiel weil neue Fakten hinzugekommen sind. Insofern ist das alles, was wir haben: empirische Fakten.

Der empirische Konstruktivismus löst sich von Institutionen und geht davon aus, dass Objektivität nur noch situativ durch wissenschaftliche Beobachtung gestiftet wird.

So entstehen Theorien, die auf Konstruktionen beruhen, weil sie nicht als ontologisch wahr vorausgesetzt werden dürfen, solange es möglich ist, dass eine Theorie mit höherer Konsistenz diese ablöst.

Ich finde diesen Zusammenhang höchst beruhigend, denn je mehr ich zwischen Fakten und Wahrheit unterscheide, desto deutlicher sehe ich, dass einige Menschen, die sich mit Fakten herumschlagen, eigentlich Wahrheit wollen, aber das eine mit dem anderen verwechseln. Das Bekenntnis zur Wahrheitssuche ist, was den Menschen ausmacht. Es ist so etwas wie sein Urinstinkt und eine wertvolle Eigenschaft.

Ich bin eigentlich nicht gegen Wissenschaftstreue, nur gegen die Wissenschaftstreue im Sinne des Wissenschaftsbegriffes unserer heutigen Zeit. Wissenschaft wird heutzutage mehr als eine Art Sport gesehen. Ihre Erkenntnisse werden häufig nur genutzt, um bestimmte, z.B. politische, Forderungen argumentativ untermauern zu können.

Ich sehe aber auch, da ich hier und im übrigen Internet viel lese, dass manche Artikel, vor allem die eher populärwissenschaftlichen, mit den Fakten nur noch spielen, statt sie ernst zu nehmen. Sie dienen dann, losgelöst von ihrem eigentlichen Kontext, nur noch als Argumentationshilfe für eine Aussage, die schon vom ersten Wort des Textes an feststeht.

Aber sind wir auch bereit, diese Forderungen fallen zu lassen, wenn sich die Fakten ändern? Oder sind wir so sehr von etwas überzeugt, dass wir die Fakten zu Gunsten unserer politischen Forderung auslegen?

Heute habe ich zum Beispiel die Behauptung aufgeschnappt, dass über 40 % der Deutschen soziale Transferleistungen wie z.B. Bafoeg und Kindergeld erhalten. Diese Information fiel allerdings im Rahmen eines politischen Gesprächs. Allmählich beginne ich, solchen Fakten zu misstrauen und sie zu hinterfragen. Ich habe bisher keinen Beleg dafür gefunden und werde es erst glauben, wenn ich ihn gefunden habe.


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