Amtswillkür

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Wo der Amtsschimmel wiehrt, ist das Amt verschimmelt.

Ich will einen Vorgang schildern, der sich tatsächlich so zugetragen hat. Seit Jahren horte ich die Geschichte in der Gewissheit, sie eines Tages aufzuschreiben. Nun ist es so weit, weil @leroy.linientreu einen Artikel über staatliche Willkür geschrieben hat und @jaki01 sein Jahr mit einem Beleg städtischer Willkür am Bauherren eröffnete. Da kann ich, trotz aller Faulheit, nicht hintanstehen und füge dem Themenkreis einen wahren Schurkenstreich von Amtsmissbrauch hinzu.

Die Geschichte beginnt damit, dass ich die Mutter einer besten Freundin meiner Frau nach Roßdorf fuhr und zügig auf dem Rückweg war. Roßdorf ist ein Stadtteil von Bruchköbel, wo ich einst mal wohnte und jahrelang im Internet die Ortspolitik durch den Kakao gezogen habe. Am Ortseingang von Roßdorf gibt es diesen Kreisel mit dem Ross in der Mitte. Von einem so schwachbrüstigen, wie geschmacklosen Mäzen gespendet, stammt die Statue aus China. Weswegen ich den Kreisel heute Chinesenkreisel nenne. Wer jetzt an Kinderarbeit und sonstige Ausbeutung denkt, liegt vollkommen richtig, ist aber nicht ganz bei der Art Amtswillkür, die nun folgt.

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Chinesenkreisel, Ausfahrt Richtung Hanau. Gegenüber fuhr ich ein.

Von Norden kommend (im Foto gegenüber), lenkte ich ohne zu bremsen in den Chinesenkreisel ein, als von Osten her (nicht im Foto, rechts) ein puddingbrauner Siebener ebenfalls einfuhr. Das Fahrzeug kam, noch im Kreisel, dicht an mein Heck heran, während der Fahrer, untersetzt, schwarze Haare und Schnauzbart, wild herum gestikulierte. An der Ausfahrt fuhr er neben mich, lehnte sich auf den Beifahrersitz um mich mit bösem Blick und Kauderwelsch zu stellen. In solchen Fällen zeige ich gerne den Mittelfinger. Macht das nicht nach. Wird man erwischt, kann es teuer werden. Zum Glück waren wir die einzigen Augenzeugen. Der Fall war längst vergessen, als ein paar Wochen später ein Bußgeldbescheid eintrudelte.

Ich sei in Bruchköbel, Ortsteil Roßdorf, geblitzt worden. Ein schönes Bild von mir war darauf zu sehen, der Ort vom Blitzer und die Geschwindigkeit. Dreißiger Zone mit fünfzig Sachen. Ich überlegte, wann ich zuletzt in Bruchköbel gewesen bin. Das konnte nur die Fahrt mit dieser Mutter gewesen sein. Aber da bin ich gar nicht an dem genannten Blitzer vorbei gekommen. Der steht weiter drin im Ort. Da fiel mir der Stinkefinger im Chinesenkreisel ein und ich beschloss, den Bescheid zu ignorieren. Seitdem habe ich in dieser Sache kein weiteres Schreiben erhalten. Das war etwa vor zwei Jahren. Wo mein Blitzer-Foto hergekommen ist, fragt sich nun vielleicht ein Leser. Ich habe zehn Jahre in Bruchköbel gewohnt. Da bin ich natürlich auch mal geblitzt worden.

Vor Kurzem, als Elke am Schreibtisch aufräumte und Papiere abgeheftet hat, fuhr sie mir den alten Bußgeldbescheid unter die Nase und fragte: „Kann das weg?“ „Auf keinen Fall, das ist ein Beweismittel für Amtsmissbrauch. Den Bastard will ich anzeigen.“ Sie lachte sarkastisch auf und hat weiter klar Schiff gemacht. „Du und prozessieren!“ Eben habe ich den Bußgeldbescheid gesucht, um ihn wenigstens für meine Leser zu scannen. Er ist nicht mehr da.

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