Neues von der Bank

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Ich manage meine Finanzen selbst und bin auch stolz darauf. Nicht nur, dass ich auf diesem Wege ein signifikant besseres Ergebnis für mich erziele, es macht mir zudem Spaß, ich lerne etwas und es bestärkt mich darin freie Entscheidungen zu treffen ohne den Rat von Dritten zu benötigen (!). Was viele dann doch überrascht ist, dass ich trotzdem regelmäßig zu einen der Hausbanken gehe und mich dort beraten lasse.

Zum einen sehe ich darin immer ein „persönliches Coaching“, da ich die mir vorgestellten „Produkte“ immer sehr genau ansehe und versuche rauszufinden, wo der Haken ist, bzw. wobei eigentlich die Bank etwas dran verdient. (Dieses Jahr gibt es eine kleine Überraschung). Auf der anderen Seite lassen die meisten Bundesbürger sich eben von der Bank in „finanziellen Fragen“ beraten und ich will schließlich auch im Bekanntenkreis nicht immer nur derjenige sein, der die Lösung präsentiert, sondern auch konkret vor „Produkten“ warnen kann.

Da im letzten Jahr aus zeitlichen Gründen die Beratung ausfiel, gab es dieses Jahr entsprechend viel zu besprechen und ich möchte hier ein wenig die aktuellen News von der Hausbank einmal vorstellen.

Zunächst eine kleine Sensation. Wir schreiben das Jahr 2020 und wir sind tatsächlich an einen Punkt angekommen, wo meine Bank gelernt hat, was eigentlich ein ETF ist. Während man in den letzten Jahren immer noch ein wenig dumm gestellt hat und gesagt hat, dass man sich da erst einlesen müsse, weil das vermutlich etwas neues Riskantes sei (gibt es seit den 70ern…), leugnete man dessen Existenz dieses Jahr nicht.

Man versuchte statt dessen auszuweichen und empfahl mir wenn ich so sehr auf Kosten gucke doch ein anderes Depotmodell zu fahren und statt dessen 175€ pro Quartal statt Trading kosten zu nehmen. Da muss ich aber schon so einiges Traden damit das mit einer meiner anderen Depots mithalten kann. Bei Trade Republic würde ich dafür sicherlich bereits einen roten Teppich ausgerollt bekommen oder zumindest eine Anfrage, ob ich nicht lieber einen Sparplan will ;)

Ansonsten gab es dazu nur die üblichen Floskeln. Die aktiv gemanagten Fonds lohnen sich halt wirklich, weil sie gute Arbeit machen. (objektiv meist nicht haltbar) und besonders auch mein Appell an meine Empathie! Als Bankberater müsse man ja schließlich auch von irgend etwas leben. Während ich beim Postboten durchaus Sympathien hege, weil dieser eine von mir gewünschte Dienstleistung bietet (mir meine Pakete zu bringen), hält sich diese beim Berater in Grenzen.

Oder würde irgendwer auf die Idee kommen einen Autohändler für die Präsentation der Waren ein Trinkgeld zu bezahlen? Abseits davon kann man praktischerweise nur einem Baummord beiwohnen, weil Papier ohne ende ausgedruckt wird und das trotz meiner beständigen Aussage, dass ich es lieber digital möchte (Stichwort Suchfunktion). Entsprechend musste ich der Bank hier einmal das kapitalistische Modell von „am Markt vorbei verkaufen“ vorstellen. Der böse Blick alleine war es schon wert, aber man sollte eben ganz klar feststellen, dass Banken völlig zu unrecht als zentrales Böses des kapitalistischen Systems stehen und eigentlich eher der Zersetzungsprozess davon.

Die mir vorgestellten Fonds möchte ich hier gar nicht direkt vorstellen, nicht das jemand noch auf die Idee kommt diese zu Kaufen. Mit einem Ausgabeaufschlag von 3,75% war ich ja schon fast begeistert, da üblicherweise 5% genommen wurden. Ein Verlust den man auch erst einmal wieder rein kriegen muss. Besonders entsetzt zeigte man sich auf meine Nachfrage nach dem TER (Total Expense Ratio), den man nach einer längeren Recherche auf 1,5% taxierte. Solche Zahlen muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Ich habe teilweise immer noch einige alte Fonds als Ursünde im Depot liegen und kann getrost sagen, dass das vermeidliche Gold in keinster Weise irgendwo positive Ergebnisse gebracht haben. Teilweise haben identische ETFs sogar erheblich besser performt, weil eben nicht jemand die ganze Zeit mitbezahlt wurde. Ich terminiere diese nach und nach, wenn es eine günstige Gelegenheit gibt. Ansonsten dienen sie mir primär als Mahnmal…

Auch Zertifikate waren dieses mal wieder mit im Angebot. Diesmal auf den EuroStoxx. Auf die Aussage, dass ich durchaus eher auf Optionen setze, führte zunächst erst zu einer Irritation, weil man sich fragte, wie man eigentlich als Stillhalter auftreten kann und wieso ich scheinbar die Position der Bank einnehme. Insgesamt stehe ich den Zertifikaten sehr skeptisch gegenüber, da man eben eine eher ungünstige Position einnimmt, ein sehr hohes Risiko eingeht. In jedem Fall würde ich nicht auf den EuroStoxx setzen.

Natürlich darf bei der Bank auch nicht die Versicherung fehlen. Statt der üblichen Zahnersatzversicherung, gab es dieses Mal eine Unfallversicherung. Ziehe ich den nicht versicherten Teil ab (Sport, langsamer Zerfall), bleiben fast nur noch Haushalt und Arbeitswege übrig. Bei letzteren bin ich beruflich versichert, beim anderen halte ich das Risiko einer schwerwiegenden Verletzung für überschaubar. Da spare ich mir das Geld lieber, lege es an und lasse es für mich arbeiten um meine eigene Rente aufzubauen.

Interessant war tatsächlich ein Goldsparplan, der vielleicht das Potenzial hat günstiger zu sein als der bisherige Händler, da dieser bei der Auslieferung massiv zulangt. Würde die Bank dies abgebildet kriegen, wäre sie im Wettbewerb drin. Da aber auch meine Bank daran scheiterte mir ein Kostenmodell zu recherchieren, denke ich, dass da im Kleingedruckten etwas drin sein wird, was mir stark missfallen wird.

Nun aber zur eigentlichen Überraschung. Die Bank empfahl mir 3 Aktien. Also Direktkauf. Selbstverständlich profitieren sie von durchaus fürstlichen Kaufnebenkosten davon, allerdings habe ich noch nie erlebt, dass sie so etwas machen. Zumal ich nicht sehe, wieso sie mir ausgerechnet diese Aktien gegeben haben. Da ich es nicht verstehe, habe ich einen soliden Grundrespekt davor. Und es gibt noch eine zweite Überraschung. Sehen wir uns einmal aber die Empfehlungen an.

„Deutsche Telekom“ Da man noch nicht vollständig von der Coronakrise erholt habe, wäre dieser Titel ein guter Kauf und die letzten Wochen haben ja auch gezeigt, wie wichtig das Internet geworden wäre. Eine Wette auf der durchaus bereits Telekomaktionäre sehr lange gesetzt haben und dann feststellen mussten, dass da die Infrastruktur nicht zu den Gewinnern gehörten, sondern die Unternehmen, die auf dem Internetaufbauen (Google, Amazon, Facebook, Netflix).

Tatsächlich passt die Telekom in mein Beuteschema. Solide Dividende, breit aufgestellt und ein Geschäftsmodell was wohl noch ein paar Jahre hält. Dazu eine große Schattenbilanz von alten Immobilien. Da ich selbst allerdings schon Kunde dieses Saftladens war, lehne ich dankend ab. Ein Unternehmen, dass so mit seinen Kunden umspringt, erklärt quasi von alleine, wieso es kaum wächst…

„Royal Dutch Shell“. Denn Öl wird immer noch gebraucht. Auch hier stimme ich der Kernaussage durchaus zu. Öl wird mittelfristig nicht verschwinden und auch theoretisch eine langfristige Perspektive bietet. Gerade bei solch eindimensionalen Argumenten muss man aber auch vorsichtig werden. Denn seit der letzten Krise ist die Dividende kaum gestiegen. Dies zeugt nicht gerade von Stärke und wenn dann noch die Kiddies dagegen auf die Straße gehen, wird es eher den Preis drücken als nach oben treiben.

Dazu sollte man auch wissen, dass die Ölindustrie einer der kapitalintensivsten Branchen der Welt sind. D.h. einen sehr hohen Verschuldungsgrad haben. Nicht gerade etwas, dass ich besonders gut finde und mir ins Depot legen würde.

Die letzten Aktie ließ den Atem auf beiden Seiten stocken. „Fraport“. Bei der Bank, weil sie erfuhr, dass ich diese bereits im Depot habe (und sie realisierten, dass es nicht bei Ihnen der Fall war… ;)) und bei mir, da sie mir eine Aktien empfahlen, die ich im Depot habe… und mir das fast ein wenig Angst macht.

Fraport habe ich während der Corona-Krise nachgekauft als Bestandteil eines spekulativen Depots. Ich weiß durchaus, dass dies eine sehr riskante Wette ist, da vermutlich gerade die Geschäftsreisen in den nächsten Jahren eher abnehmen werden. Trotzdem kann ich mir eine Gesellschaft ohne Flugzeuge nicht mehr vorstellen. Die Menschen dürstet es nach der Ferne und gerade bei einer globalisierte Welt hat man eben auch seine Familie überall auf der Welt.

Wann immer man in Europa einen Flughafen errichten möchte, geographisch wird man immer in Frankfurt landen. Dazu eben der Finanzschwerpunkt in Deutschland. Ich denke, dass dieser auch langfristig erhalten bleibt und musste bei den aktuellen Preisen mit einer kleinen Charge einfach mal zugreifen. Netter Empfehlung, liebe Bank, aber leider wieder nichts verdient.

Am Ende wird es auch dieses Mal für sie nichts zu verdienen geben. Die Bank mault bereits ein wenig, weil ich alles immer zu Hause prüfen will und es dann abgelehnt wird. Am Ende bin ich aber eben auch nicht die Wohlfahrt und nur bereit für etwas zu bezahlen, wenn auch die Leistung stimmt. Genau diesen Servicegedanken vermisst man bei Banken allerdings sehr stark. Hier wird primär empfohlen, wo man die meiste Provision bekommt. D.h. diese Berater werden nicht wirklich von mir bezahlt, sondern nur mit meinem Geld.

Wer auch immer zu seiner Bank geht um sich in finanziellen Fragen beraten lässt, sollte dringend hier häufiger mitlesen und sich als Ziel setzen langfristig selbst seine Finanzen organisieren zu können. Gerade schon bei mittleren Summen sind die 5%, die man sich bereits im ersten Jahr spart schon recht solide Opportunitätskosten ;)

Das in einer ruhigen Minute die Beratung ein wenig im Selbstmitleid verfiel und feststellte, dass ihre Kinder vermutlich nicht mehr von einer Bankberatung Tipps einholen lassen, überrascht selbst mich. Immerhin war dies wohl ein ehrlicher Moment von sonst gut durchgeschulten Personal. Ich verkniff mir den Hinweis, dass ich nicht glaube, dass es noch so lange dauern wird...

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