Ein unverwechselbarer Service

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Eigentlich sollte dieser Artikel bereits vor ein paar Tagen erscheinen, allerdings hat der Hardfork mir das Posting verballert und danach ist er irgendwie etwas in Vergessenheit geraten. Nichts desto trotz hat es ja schon fast ein wenig Tradition, dass ich zum Ende des Jahres ein wenig einmal die Bankenlandschaft und ihre Servicewüsten vorknöpfe… in diesem Sinne viel Spaß ;)

Zufällig entdeckte ich heute bei meiner Morgenroutine, dass meine Bank „Moneyou“ angekündigt hat, dass sie ihre Arbeit bald einstellen wird und die Marke von Markt verschwinden soll. Man sehe sich außer Stande den bisherigen unverwechselbaren Service zu halten und nimmt sich dann lieber gleich den Strick. Ich runzel erst einmal die Stirn und schüttel den Kopf, da ich mir nicht sicher bin, ob dort wieder ein Marketing-Fuzzy am Koksen gewesen ist oder man dort vielleicht wirklich glaubt was man sagt.

Diese niederländische Bank habe ich eigentlich nur aus einem einfachen Grund gehabt. Der Service war kostenlos und sie boten die Möglichkeit an Unterkonten anzulegen, die man sogar mit einer eigenen IBAN ansteuern konnte. Ideal für einen Kontrollfreak wie mich, der gerne alles auf eigenen Konten hat um mehr Übersicht zu haben. Da ein solches Modell von meiner Hausbank leider nicht angeboten wurde (zumindest nicht ohne eigene Kosten), habe ich eben eine Bank gesucht, die dies konnte.

Unverwechselbarer Service wäre nicht unbedingt das erste gewesen, dass mir dabei eingefallen wäre. Man konnte problemlos mit einer PostIdent ein Konto anlegen und ist ansonsten nicht weiter negativ aufgefallen. Was mich am Ende aber dahin zog waren eben diese Unterkonten und nichts anderes. Ein rein funktionaler Aspekt.

Was die eigene Webseite angeht scheinen sie die Banken ja heillos selbst zu überschätzen und oft genug hinab ins Gruselkabinett zu steigen. Scheinbar besitzt jede Bank in ihrem Keller eine eigene Abteilung an Mitarbeitern, die zur einen Hälfte aus lichtscheuen Vampiren und zum anderen aus Kasper Hauser zu bestehen scheinen. Blinde Wesen denen man irgendwie beschrieben hat, was eine Webseite ist und irgendwelche groben Anforderungen, wie eine Art „Bedienbarkeit“ wohl aussehen könnte.

Als negativ Beispiel fällt mir da z.B. immer gleich OnVista Bank ein. Diese punkten bei mir, weil sie kostenlose ETF-Sparpläne angeboten haben. (inzwischen eingestellt). Beim Layout der Webseite entschied man sich ein ganz cooles Konzept zu fahren. Mit Hilfe von „Desktops“ kann man sich „Widgets“ zusammenziehen. Aber bitte nicht mehr als 5 Stück zur Zeit, sonst muss man einen neuen virtuellen Desktop aufmachen.

So passiert es, dass man im Menu alle gefühlten 3. Jahrhunderte mal etwas einsehen will und die Meldung bekommt, dass man einen neuen Desktop aufmachen muss. Wer denkt sich solche Konzepte aus? In meiner Fantasie wurden solchen Dinge im Mittelalter genutzt, falls man mit der eisernen Jungfrau keinen Erfolg mehr hatte. Und überhaupt, wieso kann man eigentlich keine Bruchstücke verkaufen, sondern braucht dafür das Telefon? Schickt Jean-Luc Piccard den auch ne Brieftaube los, wenn er mit der Erde sprechen will?

Da lobe ich mir schon fast Consors, die einen für eine Bank durchaus gute Webseite anbieten. Es gibt sogar einige nette Grafiken zur Auswertung der eigenen Erfolge und kleinere Gimmicks wie Sparziele und so etwas. Warum man sich aber dazu entschloss ein Menu zu nutzen, dass gleich einen ganzen modernen Desktop füllt. Zuviel Windows 8.0 in der Plannung geraucht?

Irgendwie ertappt man sich immer wieder dabei herrenlos umher zu irren. Wo war nochmal die Seite, die ich sehen wollte? Oh, leider wieder falsch abgebogen. Und wieso werden Nachrichten immer noch als „Benachrichtigung“ angezeigt, obwohl man sie bereits gelesen hat? Dafür hingegen aber Jahressteuerbescheinigungen rückwirkend im April zum Anfang des Jahres gesetzt, so dass man sich wundert, wann diese endlich mal kommt. Grandios!

Wer einmal einen echten Dinosaurier beim Sterbeprozess betrachten will, dem lege ich die Sparkasse sehr ans Herz. Hier schafft man es Unübersichtlichkeit mit Größe eine Symbiose einzugehen, die schon fast als Kunstwerk angeht. Positiv sei gesagt, dass fast alles so groß ist, dass auch Senioren jenseits der 95 Jahre noch die Werbung gut lesen können.

Warum man allerdings wichtige Informationen einfach weglässt und bei einer Dividendengutschrift lediglich eine Transaktionsauftragsnummer 2942121 angezeigt bekommt, anstatt das Unternehmen um das es geht, muss man wohl nicht verstehen. Der Vorteil der Sparkasse ist natürlich die Nähe zum persönlichen Berater. Wer nervlich in der Lage ist mehr als 1x im Jahr Kontakt zu pflegen, sollte tunlichst davon absehen ihm eine Nachricht per Webseite zu schicken. Zumindest eine in denen das €-Zeichen vorkommt, da dies zu schweren technischen Komplikationen führen kann. Alles in EUR oder „Euro“ zu schreiben, kann wirklich Nerven sparen...

Die Volksbank fällt vorwiegend durch technische Ausfälle und UI auf, die den Nutzer bevormundet. Man hat irgendwo auf zurück geklickt, wird ermahnt, wenn man mal wieder beim viel zu kurzen automatischen Logout raus geschmissen wurde. Überhaupt scheint man den Fokus darauf gesetzt zu haben den Anwender möglichst oft zu kicken – Logout als oberstes Paradigma. Wieso das ändern von Überweisungen nur mit einer Löschung möglich ist… es man ja technische Gründe geben, aber hat schon einmal jemand etwas von Benutzerfreundlichkeit gehört?

Der einzige Grunde, wieso sie nicht bereits rausgeflogen sind, sind die kostenfreien Echtzeitüberweisungen. Ein nettes Schmankerl! Aber vorsichtig, falls man mal Geld in UK oder das Baltikum transferiert. Hier kann es leicht einen „technischen Fehler“ geben, der am nächsten Tag als möglicher Verstoß entpuppt und man gefragt wird, ob man wirklich in Echtzeit überweisen konnte. Das der Alleinunterhalter einem dann empfiehlt die „normale Überweisung“ zu nehmen, damit es schneller überwiesen wird, kann einem einen schlechten Tag noch etwas versüßen.

Trade Republic ist da schon eher eine modernere Oberfläche. Aber wehe man klickt mal ausversehen einmal zu viel auf dem Login-Knopf. Dann hilft auch die Biometrie nicht mehr und man muss sich neu „anmelden“. Passiert ja ständig, dass man mal eben sich komplett abmelden will, wenn man mal von Unterwegs im Urlaub was abprüfen will. Überhaupt, wieso gibt es nicht endlich mal eine Weboberfläche, damit man auch den großen Screen nutzen kann? Jeder scheiß kommt als Benachrichtigung, aber man kann nicht zentral einsehen, ob bereits die seit Tagen ausstehenden Abrechnungen eingetroffen sind? Come on!

So betrachtet war Moneyou gar nicht so schlecht. Es funktionierte, war kostenlos und bot mir genau das Feature an, was ich brauchte. Eben nicht mehr und nicht weniger. Wenn dies aber ein unverwechselbarer Service war, ist die Messlatte doch ein wenig niedrig gewesen. Ein wenig sauer, beendete ich Daueraufträge und übertrage das Geld auf die Hausbank. Man wird vor die Tür gesetzt und hat am Ende die Arbeit.

Natürlich will ich nicht zuviel rum maulen, weil es eben auch nichts gekostet hat. Es ist mehr der Ärger, dass man nun auf die Suche nach einer neuen Bank mit dem Feature gehen muss. Überhaupt nervt es ziemlich, dass man soviele Banken braucht. Hier ein kostenloser Sparplan. Da ein ein Bruchstückhandel für Aktien. Hier eine freie Echtzeitüberweisung. Dort die Möglichkeit einer Kontounterteilung.

Hey, ist es wirklich eine solche Magie, virtuelle Unterkonten einzubauen. Vielleicht eine kleine Logik, dass bei einem bestimmten Verwendungszweck automatisch etwas auf ein Unterkonto verbucht wird. Mit eigener Transaktionshistorie? So richtig revolutionär ist dies nicht. Jeder halbwegs geübte Linux-Nutzer schreibt sich das notfalls in ein paar Minuten zusammen, aber ausgerechnet die Pioniere der IT-Welt können das nicht?

Erklärt vielleicht auch, wieso man so hohe Kosten hat und immer nur partiell einen unverwechselbaren Service anzubieten. Mein Vorschlag: Schmeißt endlich mal die ganzen Marketing-Fuzzies raus. Kein Kunde lässt sich davon beeindrucken. Schickt lieber Eure Berater raus und fragt mal nach, wo der Kunde so richtig frustriert ist und was er sich wünschen würde. Ich bin mir sicher, dass man recht einfach mit einer modernen, verlässlichen und günstigen Bank sehr viele Kunden akquirieren kann.

Dann noch kostenlose Sparpläne und Depots dazu und der Markt wird sich sehr schnell konsolidieren. Denn die eisige Wahrheit liebe Banken ist: Der Kunde liebt Euch nicht – er braucht Euch nur. Er will keine „Bank an seiner Seite“ und glaubt auch nicht dort Expertise zu finden. Schwafelt jemand ihm ständig ins Ohr, dass der Service ja auch so geil ist, muss man sich doch nicht wundern, wenn man irgendwann als Betrüger darsteht, weil wirklich der letzte Idiot erkennt, dass hier eine unterschiedliche Realitätswahrnehmung vorliegt.

„Wir haben verstanden“ von einer Bank als Slogen, die so sicher wie das Ahmen in der Kirche einen Finanzskandal nach dem Nächsten begeht. Wer da die Ironie nicht erkennt, dem kann man wohl nicht mehr helfen. Liebe Banken, ihr seid nun im 21. Jahrhundert angekommen. Es wird Zeit auch für das Geld zu arbeiten, sonst sind die Kunden schneller weg als man denkt. Ganz im Ernst! Ihr seid momentan das beste Argument, wieso Planwirtschaft nicht funktioniert und es wundert, dass man das ausgerechnet einer Säule des Kapitalismus erklären muss...

Und irgendwann wird man sich auch bei Euch hinter vorgehaltener Hand von der Zeit erzählen in denen ihr die Kunden noch auf die Straße gesetzt habt, weil ihr deren Geld nicht mehr brauchtet… Mag sein, dass die Zeiten verrückt sind. Aber es gibt eben auch Fintechs, die einen wesentlich besseren Job machen. Wundert Euch dann aber nicht, wenn Unternehmen wie Transferwise Euch die Butter vom Brot nehmen...

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