Über Speiseeis

Liebe Freunde des kalten Genusses,

der Temperatur angemessen hier ein paar Worte über die allseits beliebte sommerliche Gaumenfreude, plus ein paar Fotos zur optischen Untermalung, die Eure Lust auf Eis wecken könnten.

Erdbeercoup, Café Dommayer, 1130 Wien
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Geschichte

Speiseeis (früher sagte man auch "Gefrorenes") und seine Vorgänger (die sicher anders geschmeckt haben als unser heutiges Eis) kannte man schon im alten China und in der griech. und römischen Antike! Beschrieben wurde es (vom griechischen Dichter Simonides) als "Gletscherschnee mit Zutaten wie Früchten, Honig oder Rosenwasser". Von den römischen Kaisern ist bekannt, dass sie sich im Sommer Schnee und Eis von den Bergen zur Eisherstellung von Schnellläufern bringen liessen (Quelle)!

Nach Ende des römischen Reiches ging in Europa auch das Wissen um Speiseeis verloren, erst im 11.Jhd kam es über die Kreuzfahrer von den Arabern, die es wiederum (vermutlich) von den Chinesen hatten. Aber es war (im Sommer) reiner Luxus und blieb für lange Zeit der Oberschicht vorbehalten.

Coup Barcelona (div. Eissorten mit gehackten Haselnüssen, Eierlikör, Schokosauce und Schlagobers), Eissalon Mauß, 1160 Wien
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Im 17./18.Jhd gab es schon ausgefeiltere Eis-Rezepte unter Verwendung von Zucker, Zimt und Schokolade (ebenfalls Luxusnahrungsmittel, die industrielle Zuckerproduktion begann erst im 19.Jhd) und diversen Fruchtsäften. Erste Eis-Speisen wurden zuerst in den Kaffeehäusern in Paris (ab 1686!) und Italien angeboten und erste Eissalons öffneten (1770 der erste in New York, 1799 der erste in Deutschland).

Eiskaffee, Sternberg, 1220 Wien
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Im 19.Jhd stellten dann viele Haushalte ihr Eis bereits selbst her, dank leistbarer Eismaschinen für Privatpersonen, eine Erfindung aus dem Jahr 1843 von Nancy Johnson. Die Maschine kam ohne Strom aus, sondern mit einer Handkurbel wurde das Eis gemischt.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Massenproduktion von Speiseeis war auch die Entwicklung leistungsfähiger Kühlaggregate. Hier hat Carl von Linde, der Gründer des Linde-Konzerns, fundamentale Arbeit geleistet und 1876 eine verbesserte "Kältemaschine" mit Ammoniak als Kältemittel patentieren lassen (das sogenannte "Linde-Verfahren"), die zuerst in Brauereien zum Einsatz kam. Moderne Kühlschränke für zu Hause kamen erst in den 1920er Jahren auf (als man Ersatzstoffe für das stinkende und ätzende Ammoniak gefunden hatte).
Die industrielle Eisherstellung begann in D. in den 1930er Jahren durch die Firmen Lagnese und Schöller. Erst kurz davor wurde das Eis am Stiel erfunden (1923 vom US-Amerikaner Frank Epperson patentiert).

Mohneis (mit Zwetschenröster, Rum, Schokolade und Schlagobers), Eissalon Benner, 1210 Wien
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Herstellung

Die Kunst der Speiseeiserzeugung ist, die Zutaten auf eine Temperatur unter 0 Grad zu bringen, ohne dass sich Eiskristalle bilden. Das ist möglich, wenn die Masse ständig in einem Gefäß gerührt wird, das von außen gekühlt wird - traditionell mit einer Mischung aus Wasser und Salz (sog. "Kältemischung"). Das Auflösen des Salzes entzieht dem Wasser Energie und kühlt es ab, so die Kurzversion. Durch das Rühren werden kleinste Luftbläschen untergemischt, die dafür sorgen, dass die Eiskristalle klein bleiben und daher nicht stören.

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Quelle

Und so schaut es in der Praxis aus (Teil der Produktion beim Eissalon Tichy).
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Wichtig ist auch eine hygienische Herstellung (und Vertriebslogistik), da sich sonst nach dem Auftauen schnell Bakterien vermehren würden (Eis ist ein ideales Nährmedium). Daher wird ein Pasteurisierungsschritt eingefügt (Nr. 2 in der Abbildung)! Früher gab es ab und zu Salmonellenvergiftungen durch die Verwendung von Eigelb als natürlicher Emulgator (s.u.), aber das ist heute kein Thema mehr (zumindest bei uns).

Bei der gewerblichen Speiseeisherstellung sollte man wissen, dass neben Milch, Wasser, Zucker und den Aromaelementen (in der Regel Fruchtpüree, etc.) oft Zusatzstoffe hinzugefügt werden. Da wären zum einen Lecithine, die (ursprünglich aus Eigelb gewonnen) das Emulgieren (=Vermischen) von Fett und Wasser ermöglichen. Sie gelten als unbedenklicher Lebensmittelzusatzstoff (und sind es auch, denke ich) und haben in der EU das Kürzel E 322.
Außerdem mit dabei: Carboxymethylcellulose (E466). Eine ganz ähnliche Substanz ist Methylcellulose (E461), besser bekannt als Tapetenkleister. Die CMCs werden dem Eis beigemengt zur "Konsistenzoptimierung", damit das Eis schön weich und cremig wird. Die Zellulose wird unverdaut wieder ausgeschieden und soll auch nicht gesundheitsschädlich sein. Mahlzeit.

Früchtebecher, Gelateria MONDI, Purkersdorf
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Und last no least...
Nuss-Caramel-Spitz (Nussoberseiscreme mit Weichseljam, Caramelsauce, Rum und Schlagobers), Eissalon Tichy, 1010 Wien
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Schaut unscheinbar aus, war aber in der Verkostung der klare Sieger! Aber OK, das wusste ich schon vorher, denn der "Tichy" ist seit Jahrzehnten mein liebstes Eisgeschäft😁!

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Speiseeis
https://www.stern.de/panorama/so-wird-eiscreme-und-speiseeis-hergestellt-6371604.html

PS: Für seine Recherchen hat der Autor sämtliche abgebildeten Eisköstlichkeiten im heroischen Selbstversuch getestet.

Welches Eis mögt Ihr am liebsten? Habt Ihr Lieblingslokale?

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