Mensch und Natur III - Von der Industriellen Revolution bis zur Gegenwart

Liebe Leser,
die Mini-Serie über die Entstehung des Menschen und seinen Lebensräumen (Teil 1) und von der Transformation der steinzeitlichen Jäger und Sammler zur Agrargesellschaft (Teil 2) wird hiermit abgeschlossen - obwohl das Ende offen ist, denn niemand weiß, wohin die Reise geht. Das macht es ja so spannend!

Die industrielle Revolution

Man kann sie einteilen in eine erste und eine zweite, aber das soll ja keine historische Abhandlung werden. In Summe war es durch die Erfindungen und neuen technischen Möglichkeiten (z.B. Dampfmaschine, Kunstdünger, Eisenverhüttung mittels Steinkohle, später Elektrizität), aber vor allem das Erschliessen neuerer, effizienterer Energieträger (Kohle, Erdöl) erstmals möglich, die Limitierungen der reinen Solarenergiewirtschaft zu überwinden und weit mehr Menschen zu ernähren, als die Agrarflächen bisher hergaben. Man nutzte immer noch die Solarenergie, denn Kohle, Gas und Erdöl sind ja nichts anderes als in konzentrierter Form gespeicherte Sonnenenergie. 1t Kohle hat den gleichen Heizwert wie 5m3 Holz (der Jahresertrag von 1ha Wald)! Mit fossiler Energie verbrennt man das, was Pflanzen über ca. 60 Millionen Jahre lang (der Karbonzeit) von Photosynthese an CO2 gebunden hatten, den "unterirdischen Wald" (1). Ironischerweise war während dieser intensiven Phase des Pflanzenwachstums die CO2-Konzentration in der Atmosphäre doppelt so hoch wie heute (2)!
Durch die Nutzung dieser Lagerstätten an fossiler Energie ergab sich nun ein relativer Energieüberfluss, wo die Jahrhunderte davor ein Mangel geherrscht hatte.
Außerdem waren die neuen Energieträger praktisch, leicht transportierbar und ungefährlich - im Gegensatz zur Kernenergie, die dann im 20. Jhd. dazukam.

1871 war Krupp das größte Industrieunernehmen Europas (3).
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Quelle, ©Historisches Archiv Krupp

Diese neuen Möglichkeiten führten zu einer bislang nie dagewesenen Auswirkung auf die bestehende Kulturlandschaft und zu einer bis heute anhaltenden, sich beschleunigenden Veränderung der Gesellschaft, quer über alle Lebensbereiche.

Umwelt

Zunächst war die Natur unmittelbar betroffen. Bevor man auf die Idee des Umweltschutzes kam, gab es durch die frühen Zentren der Industrialisierung im 19. Jhd. gigantische Schäden, die heute völlig unvorstellbar sind. Salzsäure als Produktionsnebenprodukt wurde einfach ungefiltert in Flüsse geleitet, sodass dort jedes Leben abstarb. Abgase aus Fabriken töteten die Vegetation und liessen ganze Landstriche komplett kahl zurück. Nur allmählich versuchte man gegenzusteuern, z.B. ab Mitte des 19.Jhd.s mit hohen Schornsteinen, um die Abgase zu verdünnen. Zwar gab es schon im Mittelalter Maßnahmen zum Schutz des Waldes und ab dem 18. Jhd. Kanalisationssysteme in den Städten, aber das diente nicht primär der Umwelt, sondern um die Jagdgebiete des Adels zu schützen, oder um den Bürgern unerträglichen Gestank zu ersparen. Systematischer Umweltschutz der Umwelt wegen formierte sich erst in den 1960er Jahren (4). Bis dahin war der primäre Verursacher von Umweltschäden nicht mehr die Produktion von Gütern, wie zu Beginn der industriellen Revolution, sondern der Konsum der produzierten Güter durch die Stoffumsatz (und Profit) maximierende Konsumgesellschaft.
Leider sehen wir heute eine bedenkliche Entwicklung weg vom Umweltschutz hin zu einem aktionistischen, rein auf einen (der vielen) Verursacher einer möglichen Erderwärmung fokussierten "Klimawandelschutz", der letztlich kontraproduktiv sein wird. Denn Klimawandel hat es in der Geschichte schon viele gegeben, aber den tropische Regenwald, die Lunge unseres Planeten, gibt es nur einmal. Wenn der weg ist (und angeblich ist er schon gekippt (5)!), werden wir für Jahrhunderte leiden, egal wie hoch oder niedrig das CO2 ist.

Stadtentwicklung

Die neuen Arbeitsplätze und deren Aussicht auf wirtschaftliche Verbesserung führten zu einer Landflucht (übrigens, heute führt die Aussicht auf wirtschaftliche Verbesserung und zwar ohne dafür arbeiten zu müssen, auch zu einer "Landflucht" - zu einer Flucht von ärmeren Ländern zu Ländern mit Sozialstaat - nicht sehr nachhaltig und sozialer Sprengstoff). Gleichzeitig wurden die Städte mit der wachsenden Bevölkerung größer und frassen sich in die Landschaft. Moderne Bauweisen mit Ziegelsteinen und Eisenträgern (durch Eisenbahnen transportierbar) und später Beton revolutionierten das Bauwesen. Die neuen Häuser waren stabiler, besser beheizbar und hygienischer. Überall wurde, wo man es sich leisten konnte, modernisiert und alte Holzhäuser abgerissen, auf Kosten der früheren Individualität. Mit dem weiteren Bevölkerungsanstieg wurde auch der soziale Wohnbau erfunden, mit dem Dogma der Knappheit (oder Profitmaximierung), die Decken wurden wieder niedriger und die Stiegenhäuser knapper und enger. Wo nicht aus touristischen Gründen alte Stadtkerne aus vorindustrieller Zeit erhalten werden, macht sich eine Stillosigkeit breit; die neuen, zweckbetonten Häuser aus Beton altern nicht mehr, indem sie eine Patina ansetzen, sondern werden nur schäbig. Der Gesellschaftskritiker und Historiker Rolf Peter Sieferle (1949-2016) beschrieb das so: "Der einzige ästhetische Trost, den die Erzeugnisse dieser Architektur spendetn, ist die Aussicht auf ihren baldigen Abriß." (6).

Massenquartiere in Dresden...
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Quelle

...und in Peking
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Quelle

Massenmotorisierung

Waren Eisenbahnen mit ihrem groben Schienennetz zunächst noch als Verkehrsmittel dominant, ermöglichten schliesslich im 20.Jhd. die Erfindung der Automobile (und des Benzins/Diesel) eine neue, ungeahnte Stufe der individuellen Mobilität. Entfernungen verschwanden, alles war erreichbar, die Konsumartikel konnten auch in die letzten Winkel der Welt gebracht werden. Nach der Landflucht setzte nun eine Stadtflucht ein, ermöglicht durch die Autos und angetrieben von der gesunkenen Lebensqualität in den Städten durch die Autos, und den gehobenen Ansprüchen. Die Städte frassen sich weiter in die Landschaft und "zersiedelten" diese. Erstmals entstanden Landschaften, die gar nicht mehr für Fußgänger zugeschnitten waren - Ödländer, die dem Konsum oder der Arbeit dienen und möglichst schnell wieder verlassen werden wollen.

Massenwohlstand

Durch den vielbeschworenen und meist negativ konnotierten "industriellen Kapitalismus" erhöhte sich immer schneller die Lebensqualität und der materielle Wohlstand vieler Menschen, die nun oft erstmals eine regelmässige Bezahlung erhielten. Holzgeschirr wurde durch Porzellangeschirr oder Steingut ersetzt, Leinenstoffe durch bequemere Kleidung aus Baumwolle, Kienspan durch Petroleumlampen und schliesslich elektrisches Licht. Gebrauchsgegenstände aus Handfertigung wurden vielfach durch solche aus industrieller Massenproduktion ersetzt, wobei sich schliesslich Plastik als das vielseitigste Material durchsetzte. Der Nachteil (abgesehen von der Umweltproblematik): eine ästhetische Nivellierung setzte ein, eine Trend zur Gleichförmigkeit, der sich im späten 20. Jhd. durch die totale Globalisierung noch verstärkte. Eine Einkaufsstraße in Glasgow sieht heute nicht viel anders aus als eine solche in Rotterdam, die gleichen Ketten und Franchises prägen das Stadtbild.

Zwar gab es ab der 2. Hälfte des 19.Jhd. keine Hungersnöte mehr (wenn, dann nur aufgrund von Kriegen oder sonstigen politisch bedingten Verteilungsproblemen), aber der richtige Massenwohlstand kam erst in den 1950er Jahren auf. Der Warenumsatz, der sich in wenigen Jahrzehnten vervielfachte, machte neue Verteilungsformen erforderlich (z.B. Supermärkte). Auch die Art der Verpackungen änderte sich dramatisch. Immer mehr Waren und insb. Lebensmittel wurden vorportioniert und einzeln verpackt und es entstand das Problem immer größerer Müllberge.

"The American Way of Life" wurde zum Ideal hochstilisiert.
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Quelle

Der Wohlstand führte auch zu einer Zunahme an Vereinzelung (und Vereinsamung) beim Wohnen, beschönigend Single-Haushalte genannt - in Armutszeiten undenkbar. Generell gab es im 20. Jhd. einen Trend zur "Ent-Autarkisierung" der Haushalte. Waren früher ganze Familien unter einem Dach, mit reichlich Brennstoffvorräten (v.a. Holz) ausgestattet, erschien das in den Wohlstandsgesellschaften nicht mehr erforderlich. Wer heute an der Gasleitung hängt, macht sich abhängig von funktionierenden Versorgungssystemen, die nicht mehr unter seiner Kontrolle sind! Die Technologie schafft auch neue Abhängigkeiten: Selbst wer einen vollen Öltank für seine Heizung hat, muss frieren, wenn der Strom für die Umwälzpumpe ausfällt! Moderne Hochhäuser (Aufzüge!) werden bei einem Stromausfall dank der komplexen Haustechnik fast unbewohnbar. Das Paradigma (zumindest im Westen) der individuellen Freiheit und der Autonomie auf Kosten des Familienzusammenhaltes steht in starker Diskrepanz zu einer immer größeren Abhängigkeit von der sozialen Infrastruktur (vom Kindergarten übers Altersheim, dazwischen hilft der Sozialstaat einer immer größeren Zahl an Menschen und macht sie so gefügig)!

Freiheit

Um all diese Wohlstandsleistungen in Anspruch zu nehmen, muss der immer "freiere" Mensch immer mehr konform gehen und mit dem System mitspielen. Die Bauern früher waren ärmer, sicher, aber sie konnten immerhin zum Teil ihre Resourcen planen auf ihrem eigenen Hof, auch in der Interaktion innerhalb der (Groß)familie und der dörflichen Gemeinschaft. Der moderne Individualist ist großteils eigentumlos und ein Habenichts - ein Luxus-Proletarier, umgeben von immer mehr Kram, der ihm den Blick auf das Wesentliche verstellt. Das zeigt sich auch am Geld. Waren früher Goldmünzen üblich, gilt heute im Prinzip wertloses, weil beliebig inflationierbares Papiergeld als das Maß aller Dinge. Wir leben heute in einem bizarren "Paradox, wenn gerade diejenige Gesellschaft, welche die Menschen in zuvor unvorstellbarer Weise an funktionale und ideologische Ketten legt, sich selbst in Begriffen der Autonomie, der Selbstbestimmung und Freiheit definiert"(6).
Es scheint zu funktionieren, denn die meisten Menschen sehen sich heute als so frei wie nie zuvor, obwohl ihre ganze Freiheit in der Wahl der Konsumartikel (inkl. Fernreisen) besteht.

All das vollzieht sich ganz selbstverständlich, quasi schleichend und ohne dass die Menschen sich dessen überhaupt bewusst sind!
Dieser Trend hat sich in den letzten 2 Jahren allerdings - aufgrund bestimmter, wohlbekannter Katalysatoren - rapide beschleunigt.
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Quelle

Geld soll weiter virtualisiert werden als rein digitales Versprechen, und die Leute sollen immer glücklicher werden, obwohl sie immer weniger besitzen (ich nehme an, jeder weiß, wer das gesagt hat)! Digitale ID-Nachweise, die die Kontrolle der Bürger erleichtern, werden schon längst vorbereitet, die "Grünen EU-Pässe" waren schon mal ein fahler Vorgeschmack darauf. Mehr über diese Entwicklung auch hier.

Wie gesagt, das Ende ist offen. Wir sehen derzeit eine (in Mitteleuropa) sich, auch ohne Plandemien und Kriegshetze, zuspitzende Entwicklung, die eigentlich einer sofortigen Korrektur bedarf:

  1. Der Sozialstaat darf nur das verteilen, was seine eigenen Bürger an Mitteln erwirtschaften, aber nicht "die halbe Welt" einladen. Alles andere führt zwangsläufig zu einem Bürgerkrieg, wenn die Mittel erschöpft sind oder die Hyperinflation einsetzt.
  2. Der absurde Klimawandelschutz sollte wieder einem richtigen Umweltschutz bzw. Ökosystemschutz weichen.
  3. Investitionen in neue (Umwelt)Technologien (Beispiel) statt in Rüstung und Klimaprofiteure müssen radikal vorangetrieben werden.
  4. Ein offener Austausch von Meinungen statt einer vorab bestimmten politischen Korrektheit muss wieder hergestellt werden und kritische Stimmen müssen (wie noch vor wenigen Jahren selbstverständlich!) ohne Bestrafung zugelassen werden.

Leider sind alle diese Punkte reines Wunschdenken. Aber es gehen wieder mehr Leute auf die Straße, das ist immerhin ein Anfang...

Dieses Zitat scheint mir ziemlich passend zu sein für unsere Gesellschaft:
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Wie meint Ihr, wird es weitergehen? Werden die Lügen irgendwann aufgedeckt? Rechtzeitig?

Quellen

(1) Rolf Peter Sieferle "Der unterirdischen Wald", Landt Verlag 2021, ISBN 978-3948075248
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Karbon#Klima_und_Umwelt
(3) https://www.geo.de/magazine/geo-epoche/fotoshow-krupps-fabrikstadt-30165332.html
(4) https://www.ecoreporter.de/artikel/geschichte-des-umweltschutzes-wie-es-begann-25-04-2013/
(5) https://www.energiezukunft.eu/klimawandel/wenn-brasiliens-regenwald-kippt/
(6) Rolf Peter Sieferle "Rückblick auf die Natur", Landt Verlag 2020, ISBN 978-3948075095
Tipp: Der Film

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