Herbstspaziergang - Pilze und Früchte

Lieber Hiver und Naturfreunde,

der Herbst ist gekommen und die Stimmung im Wald ändert sich spürbar. Die Baumkronen werden lichter, die meisten einjährigen Pflanzen haben ihren Zenit überschritten, alles befindet sich im Rückzug und da und dort tauchen Gerüche nach Moder und Verwesung auf.

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Die Wiesen rund um den Wienerwald sind voller Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), eine im übrigen sehr giftige Pflanze , deren Blätter man mit denen vom Bärlauch verwechseln kann. Der Name leitet sich von "losen" = vorhersagen/wahrsagen ab, weil die Herbstzeitlose den Herbst voraussagt!
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Ein Klebriger Salbei (Salvia glutinosa) in der Herbstsonne. Im Gegenlicht sieht man gut die klebrigen Härchen an den Blättern, die vermutlich der Abwehr von Freßfeinden dienen.
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Auf den seltener werdenden Blüten (hier eine Goldrutenart) findet sich noch so mancher Besucher.
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Jetzt haben Pilze ihre Hochsaison. Was wir als Pilze bezeichnen, sind ja nur die für die Vermehrung ausgebildeten Fruchtkörper. Die eigentlichen Pilze sind unsichtbar, weil unterirdisch und viiiel größer. Sie errichten dichte Netzwerke unter der Erde und haben teils enge Kontakte zu den Wurzeln der Bäume und anderer Pflanzen, mit denen sie oft eine Symbiose eingehen, Mykorrhiza genannt. Sie beziehen dadurch Photosyntheseprodukte (Pilze selbst können ja keine Photosynthese machen) und liefern den Pflanzen dafür Mineralstoffe und Wasser. In Buchenwäldern wird, so schätzt man, ein Drittel aller Photosyntheseprodukte an Mykorrhiza-Pilze weitergegeben! Aber es ist nicht alles eitel Wonne - vielfach versuchen sowohl Pflanzen als auch Pilze sich Leistungen ohne Gegenleistung zu erschleichen. Ein Täuschen und Betrügen in allen Varianten passiert da im Stillen unter der Erde.
Diese komplizierte, unsichtbare Welt ist noch vielfach unerforscht, auch weil es so schwierig ist, sie zu untersuchen und weil alles so langsam passiert!
Das größte Lebewesen der Welt ist übrigens ein Pilz, ein Hallimasch in einem Nationalpark in Oregon, der 2400 Jahre alt ist, eine Fläche von 900 Hektar bedeckt und dessen Gewicht man auf 600 Tonnen schätzt!
Leider bin ich kein Experte für Pilze, daher sind meine Vermutungen, was die Arten betrifft, mit Vorsicht zu geniessen (so wie die Pilze auch😁).
Das hier könnte ein Riesenschirmling bzw. Parasol (Macrolepiota Procera) sein, die Art war relativ häufig anzutreffen und ist nicht zu übersehen:
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Andere Pilze sind wesentlich kleiner, so wie dieser, der erst vor kurzem aus der Erde gekommen sein muss, so frisch wirkt er, richtig zum Anbeißen. Aber ich rühre generell KEINE Pilze an!
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Dieser hier sieht schon ziemlich giftig aus für mich als Laien, oder ist es doch ein Honigtäubling?
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Gerade Baumstümpfe und Totholz sind Lebensraum für eine Fülle von Pilzen. Hier eine kleine Sammlung:
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Laut Genomanalysen haben Pilze vor 300 Mio. Jahren die Fähigkeit entwickelt, Zellulose und insbesondere Lignin (die Lignozellulose macht Holz so stabil und widerstandsfähig) zu zersetzen, am Ende des Karbonzeitalters. Seither ist die Steinkohlebildung markant zurückgegangen (Quelle).

Herbst ist auch die Zeit, wo Bäume und Sträucher ihre Früchte reifen lassen, meist, damit diese von Tieren gefressen und so weitergetragen werden.
Sehr häufig im Wienerwald (neben Buchen) sind die Eichen mit ihren typischen Früchten, den Eicheln, hier bei der Zerreiche (oben) und der Stieleiche (unten)
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Alle paar Sekunden, besonders wenn ein Wind geht, hört man um die Zeit in der Nähe von Eichen, wie deren Früchte zu Boden fallen, ideales Futter für Wildschweine und viele andere Tiere.
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Sehr artenreich und interessant ist die Grenzregion zwischen Wald und Wiese, der Waldrand, wo diverse Heckenpflanzen dominieren und um Licht wetteifern.
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Am bekanntesten (und am meisten verbreitet in Mitteleuropa) ist vermutlich die Hunds-Rose oder Heckenrose (Rosa canina). Aus den Früchten, Hagebutten genannt, wird Tee, Wein und Öl gemacht. Früher hat man daraus auch Juckpulver hergestellt 😆.
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Der Weißdorn (Crataegus sp.) oder Hagedorn ist eine Gattung mit über 200 Arten, die sich vielfach gerne untereinander kreuzen, was den Taxonomen unter den Botanikern graue Haare bereitet. Die im Frühling wunderschön blühenden Weißdorn-Sträucher gelten in der Mythologie als Wohnungen der Elfen.
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Der immergrüne Feuerdorn (Pyracantha sp.) ist ein echter Vogelfreund. Die Früchte sind beliebtes Futter im Winter und die dornigen Zweige schützen die Vogelnester vor Katzen, Mardern und anderem Getier.
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Auch die Früchte der Schlehe (Prunus spinosa) sind jetzt reif. Die Schlehe, auch Schlehdorn oder Schwarzdorn genannt, gehört wie auch der Feuerdorn und der Weißdorn, zu den Rosengewächsen. Noch ein anderer Name ist Sauerpflaume, da seine Früchte sauer schmecken. Der Sliwowitz hat auch seinen Namen davon, obwohl der aus Zwetschgen (Pflaumen) gemacht wird.
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Der Gewöhnliche Liguster (Ligustrum vulgare) gehört dagegen zu den Ölbaumgewächsen. Aus Liguster kann man formstabile Hecken schneiden, aber Achtung, die Beeren sind giftig! Auch Hautkontakt beim (Be)Schneiden der Pflanze ist zu vermeiden, sonst droht ein sog. Liguster-Ekzem.
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alle Bilder by @stayoutoftherz

Tipp:
Die App "Picture this" erlaubt superschnell eine recht zuverlässige Pflanzenbestimmung (mit "AI"-Hilfe), wenn man ein Foto davon macht!

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