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Den Römern auf der Spur - Gladiatorenkampf in Carnuntum

Liebe Leser,
bei strahlendem Wetter gab es letzten Sonntag in Carnuntum einen Gladiatoren-Schaukampf - das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen!

Carnuntum war eine für damalige Verhältnisse (2.Jhd. n. Chr.) recht große Stadt mit 50.000 Einwohnern und Verwaltungssitz der Region Pannonien. Ca. 25km östlich vom heutigen Wien, befand es sich an der Donau, an der Grenze des römischen Reichs zu den Germanen und war somit Teil des Donaulimes (der heute Weltkulturerbe ist). Ein Legionslager mit ca. 6000 Soldaten plus ein weiteres für 500 Mann Hilfstruppen (das Auxiliarkastell) diente dem Grenzschutz und als Aufmarschgebiet für Feldzüge gegen die "Barbaren", gleichzeitig kreuzte von Nord nach Süd die östliche Bernsteinstraße, was für regen Handel sorgte.

Vom Amphitheater der Militärstadt ist nicht viel übrig geblieben, man kann aber erkennen, dass es eine umfangreiche Anlage gewesen ist, mit angelagerten Nebenbauten, deren Fundamente noch erhalten sind. Es hatte Platz für 8000 Zuschauer geboten, war aber meistens Übungsplatz für die Legionäre.
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Die Kämpfer der Gladiatorenschule "Familia Gladiatoria Carnuntina" machen den Ehrengästen ihre Aufwartung, allen voran dem Veranstalter der munera (so hiessen die Kämpfe), in Rom meist der Kaiser oder hier der "Statthalter" von Carnuntum.
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Bevor es losging, wurde noch eine Runde durch die Arena gedreht und die Kämpfer liessen sich vom Publikum anfeuern bzw. warben um tatkräftige/lautstarke Unterstützung.
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Die Gladiatoren unmittelbar vor dem Kampf. Der Strohhut des rotbehosten Kämpfers in der Mitte wurde dann noch rechtzeitig gegen einen Helm getauscht. Man merkte, dass es heuer noch nicht viele Sonnentage gegeben hat! Die Sonne als Gegner ist jedenfalls nicht zu unterschätzen und wer keine Sonnencreme benutzt hatte, bekam an diesem Tag garantiert einen ordentlichen Sonnenbrand, ob Kämpfer in der Arena oder Zuschauer.
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Es gab verschiedene Gattungen von Gladiatoren mit typischer Bewaffnung. Allen gemein war, dass es fast nie einen Brustpanzer gab (was für heutige Soldaten fast das Wichtigste überhaupt ist, heute nennt man es aber (ballistische) Schutzweste), sondern die meisten hatten mehr oder weniger große Schilde als Schutz.

Hier hat ein Retiarius sein Wurfnetz (rete) gerade nach seinem Gegner, einem Secutor (auch Contraretiarius genannt) namens "Tyrannos", geworfen. Dieser duckt sich instinktiv, damit sich das Netz nicht an seinem Helm verfängt (es wäre wohl besser gewesen, den Schild anzuheben😄). Das Netz war ursprünglich ca. 3m im Durchmesser, am Rand verdickt und mit Bleigewichten beschwert.
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Doch das Netz fiel wirkungslos zu Boden und auch dieser Stoß des Retiarius mit dem Dreizack (tridens) ging ins Leere (hätte aber leicht ins Auge gehen können).
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"Die Kämpfe sind echt und nicht abgesprochen" steht im Programm. Und tatsächlich, diese Gladiatoren schenkten sich nichts, der Schiedsrichter musste hier mahnend eingreifen.
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Ein Schwerthieb des Kurzschwerts (gladius) von Tyrannos hat den Netzkämpfer letztlich in den Sand geschickt.
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Hier kämpften 2 Hoplomachi (runder Schild, Stoßlanze und Dolch als Waffen) gegeneinander.
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Einer der beiden ("Scorpio") hat seinen Schild verloren und einen "tödlichen" Treffer erhalten. Der Schiedsrichter hält den siegreichen "Astyanax" von weiteren Angriffen ab, der Kampf ist vorbei.
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Übrigens endeten Gladiatorenkämpfe nicht immer tödlich, das hätte die Gladiatorenschule zu viel Geld gekostet. Man nimmt an, dass im Schnitt "nur" bei jedem 8. Kampf ein Gladiator starb. Einer der Kämpfer konnte aufgeben und von Publikum und Veranstalter begnadigt werden. Selten ging ein Kampf auch Unentschieden aus (was als recht ruhmvoll galt).
Der Veranstalter überliess oft die Entscheidung dem Publikum, wobei unklar ist, dass "Daumen nach unten" (wie in den Hollywood-Filmen dargestellt) das Todesurteil war, denn die Römer kannten Himmel und Hölle gar nicht. Man könnte genausogut annehmen, dass Daumen nach oben hieß, der unterlegene Gladiator solle sich von der Erde entfernen und Daumen nach unten, er solle auf der Erde bleiben. Besser belegt ist, was die Zuschauer riefen. Riefen sie "mitte!" oder "missum!" (lass ihn gehen), dann durfte der unterlegene Gladiator überleben, riefen sie aber in der Mehrzahl "iugula!" (abstechen), dann konnte er nicht auf Gnade hoffen. In diesem Fall musste er (und das wurde in der Gladiatorenschule auch geübt!) auf dem Boden kniend, gefasst den Todesstoß in den Hals oder zwischen die Schulterblätter hinnehmen (Quelle).

Es gab auch - selten - Gladiatorinnen (gladiatrices). Hier kämpfte "Aurea" gegen eine Provocatrix, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe. Es war ein eher unrühmliches Gerangel der zwei WalkyrenGladiatorinnen unter den prüfenden Blicken des Schiedsrichters, aber die Helme waren in der Mittagshitze auch sicher mehr als unangenehm zu tragen! Oben im Hintergrund 2 spielende Möchtegern-Gladiatoren😃.
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Details zu den Namen der verschiedenen Gladiatorengattungen und deren Bewaffnung finden sich z.B. hier oder hier.

Anschliessend ging es zur Labung in die "Legionskneipe".
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3km vom Legionslager entfernt befand sich das größere Amphitheater der Zivilstadt Carnuntum (das Platz für 15.000 Zuschauer geboten hatte), heute komplett leer und inmitten der Natur (manchmal finden hier Theateraufführungen statt, für die dann extra Holztribünen errichtet werden). Kaum vorzustellen, dass hier früher um Leben und Tod gekämpft wurde.
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Der Weg dorthin führt zu Fuß über Felder, wo derzeit unter anderem der Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) prächtig blüht.
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Der mag es gern trocken und sehr sonnig, also findet er ideale Bedingungen in der pannonischen Ebene. Als Gewürz ist er aber weniger intensiv als der Küchensalbei. In dieser Aufnahme im Gegenlicht hat sich ein Besucher mit eingefunden.
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Ein ähnliches Mileu mag die Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis), die früher als Heilpflanze verwendet wurde, heute aber nicht mehr (wegen der langfristig krebserregenden Wirkung der Pyrrolizidinalkaloide).
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Unverkennbar ist der Klatschmohn (Papaver rhoeas), der hübsche rote Tupfen in die Felder zaubert. Neben der Farbe sind die hängenden Knospen typisch.
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Eine sich gerade öffnende Knopse einer Mohnblüte. Nach 2-3 Tagen ist sie schon verblüht.
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Nur der verwandte Schlafmohn (Papaver somniferum) enthält Morphin, Codein und andere Morphinanderivate, der Klatschmohn dagegen gar nicht. Aber ich schweife etwas ab 😃.

Soweit zu den Gladiatoren, mehr über das Leben als römischer Zivilist demnächst...