Deutschlandtempo: Verzögerung beim EU-Einheitsstrecker

In der Brüsseler Normierungszentrale für mobile Anschlussgeräte ist 14 Jahre lang am EUSB-Stecker getüftelt worden.

Nicht alles klappt immer, wie es soll, meistens kommt es nicht viel anders, aber doch viel später. Nach dem ersten Anlauf der EU, eine einheitliche Europazeit einzuführen, vergingen fünf Jahre, dann wurde das Vorhaben abgesagt, wenn auch nicht offiziell. Die 14 Tage bis zu einer europäischen Antwort auf die Migrationsfrage dauerten noch längere acht Jahre, an der in den europäischen Verträgen vereinbarten Einhaltung der Maastricht-Kriterien scheitert die Mehrzahl der Mitgliedsstaaten verlässlich sogar seit Jahrzehnten. Alles, was soll, dauert. Vieles so lange, dass am Ende niemand mehr weiß, was es eigentlich sollte.

Kaum getrübtes Bild

Positive Ausreißer wie das Plastiktrinkhalmverbot trüben das Bild kaum, das sich den Bürgerinnen und Bürgern bietet. "EU" ist ein Synonym für zähe Prozesse, die mit Initiativen von Kommission oder Parlament beginnen, im berühmten Trilog gipfeln, anschließend zur "Formsache"  erklärt werden und letztlich ganz leise im nationalen Kleinklein enden, wo niemand mehr das dicke Ende zur Kenntnis nimmt. 

Auch das vor 14 Jahren gestartete Großunternehmen zur Einführung eines einheitlichen USB-Steckers für die Gemeinschaft, bekanntgeworden unter dem Codenamen EUSB, schien im vergangenen Jahr nur zeitweise glücklich ins Ziel gestolpert zu sein. Ursprünglich vom deutschen Kommissar Günter Verheugen im Jahr 2009 angestoßen, weil der Ladestecker des als  EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik fungierenden ehemaligen Liberalen nicht in die Buchse seines Kollegen Janez Potočnik passte, schaffte es zwar nach EU-Zeit rasch, zur weltweit ersten rechtlichen Vorschrift für Firmen zu werden, die in der EU technische Geräte verkaufen wollen. 

Knapp vorbei am Termin

Doch in den anderthalb Jahren seit der Festlegung des global größten Wirtschaftsraumes ohne nennenswerte eigene Smartphone-, Computer- und Peripheriegeräteindustrie auf den USB-Stecker als einzig zugelassenen Standard gelang es der Bundesregierung nur mit knapper Not, im Kabinett eine Änderung des Funkanlagengesetzes zu beschließen, nach der bis Ende 2024 nur noch Geräte mit USB-C-Anschlüssen angeboten werden dürfen. Bis Ende Dezember hätte der Bundestag Zeit gehabt, ein entsprechendes Gesetz zu beschließen. 

Das allerdings gelang nicht. Wie die geplanten Erleichterungen für den Betrieb privater Balkonkraftwerke, die eigentlich gleichfalls hatten bis Jahresende 2023 beschlossen werden sollten, um zum 1. Januar in Kraft treten zu können, lag auch die Umsetzung der Einheitssteckerrichtlinie monatelang auf Eis - und damit auch die geplante Entlastung des Weltklimas.

Mit dem EUSB-Stecker hatte die EU beabsichtigt, 11.000 bis 13.000 der derzeit jährlich in der EU anfallenden vier Millionen Tonnen Elektroschrott
einzusparen, weil Smartphone- und Computerkäufer nach Inkrafttreten der Richtlinie nicht mehr gezwungen gewesen wären, mit neuen devices gleich auch moderne Schnellladegeräte zu erwerben. Mit dem Votum des Bundestages, der der Neuregelung jetzt nun endlich mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP, CDU, CSU und - trotz Brandmauer - AfD grünes Licht gab - nur die Linke enthielt sich - schafft Deutschland nicht nur verspätet mehr Klimagerechtigkeit. Sondern die Bundesregierung vermeidet auch im letzten Moment ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission in Kürze hätte eröffnen müssen.

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