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Das Einmaleins der Notfallmedizin, Teil 3: Der anaphylaktische Schock

Sommer, Sonne, Draußenzeit. Zeit auch für Insekten, uns zu belästigen. Wer kennt das nicht: man sitzt beim Frühstück und die Wespen kommen und machen sich über das Marmeladenbrötchen her, setzen sich auf den Rand des Bier- oder Saftschorleglases oder fallen sogar gleich in dieses hinein ...
(Womit ich jetzt nicht sagen will, daß Insekten grundsätzlich Schädlinge sind, darum geht es hier nicht ...)

Wenn man dann noch gern an den See fährt, sind Mückenstiche quasi vorprogrammiert. Ich hab am Wochenende auch welche abbekommen. Und offenbar die letzten beiden Tage auch noch.

Die meisten von uns sind ja in der glücklichen Lage, daß die Sache mit ein wenig Juckreiz und einer Rötung der Einstichstelle erledigt ist.
Deshalb geht es in diesem Artikel auch um die Fälle, wo das nicht zutrifft. :)

Welche Insekten können Allergien auslösen?

Bekannt sind Allergien auf Wespen- und Bienenstiche. Dabei entfallen auf die Wespen laut Statistik 2/3 der Fälle, auf die weniger aggressiven Bienen knapp 1/5 der Fälle. Weitere Insekten, bei denen ein Stich zu einer allergischen Reaktion führen kann, sind Hummeln, Hornissen, Mücken, Stechfliegen und Bremsen.

insektengiftallergie.de listet hier grafisch die Unterschiede zwischen den einzelnen Stichen bzw. Bissen auf.

Stichbilder gibt es etwa bei onmeda.de

Was heißt eigentlich hier Allergie?

Eine Allergie ist laut Definition eine Immunreaktion des Körpers auf nicht-infektiöse Fremdstoffe, die die Bildung von Antikörpern und das Entstehen von Entzündungszeichen verursacht.

Von den vier Arten allergischer Reaktionen fallen Insektenstiche unter den Soforttyp - genau wie Asthma, Heuschnupfen und allergische Hautkrankheiten (Neurodermitis, endogenes Ekzem).

Welche Symptome treten auf?

Bei den meisten Menschen bleibt es nach einem Insektenstich wie gesagt bei einer Rötung der Einstichstelle sowie Juckreiz an und um dieselbe Stelle. Je nach Insekt(engift) und individueller Prädisposition ist auch Nesselsucht möglich. Diese Symptome werden bereits als anaphylaktische Reaktion ersten Grades bezeichnet. Wenn möglich, sollte die Allergenexposition gestoppt werden - zum Beispiel durch Entfernen eines zurückgebliebenen Stachels. Antihistaminika wie Fenistil können die allergische Reaktion teilweise stoppen, ein Aufenthalt im Schatten und Begleitung stellen sicher, daß keine unbemerkten Kreislaufprobleme auftreten.

Von einer anaphylaktischen Reaktion 2. Grades spricht man, wenn sich zusätzlich folgende Symptome ergeben:

  • Übelkeit und/oder Erbrechen
  • Atemprobleme (allergisches Asthma, ggf. pfeifende Geräusche beim Einatmen)
  • ggf. Schluckbeschwerden
  • Schwitzen
  • Zunahme der Herzfrequenz bei schwachem Puls

Tritt dies ein, ist sofort ein Notarzt anzufordern, da es sich schnell zu einem Kreislaufversagen entwickeln kann. Die Biochemie ist hier auf eine schnelle Dynamik ausgerichtet, sodaß ein zeitnahes Eingreifen erforderlich ist.

Während der Wartezeit sollte der Patient in eine sogenannte Schocklage gebracht werden (Oberkörper tiefer als die Beine), bei Bewußtlosigkeit in stabile Seitenlage (bei Beibehaltung der Hochlagerung der Beine!). Wenn möglich, sollte eine leichte Decke den Patienten vor dem Auskühlen schützen.

Warum und wann spricht man von einem Schock?

Definitionsgemäß ist ein Schock ein Kreislaufversagen mit Minderdurchblutung innerer Organe.

Folgende Symptome sind für alle Ausprägungen eines Schocks gemein:

  • ängstliches oder unruhiges Verhalten des Patienten
  • schwach tastbarer Puls
  • Abfall des systolischen Blutdrucks bei gleichzeitiger Zunahme der Herzfrequenz
  • blasse Haut mit vermehrter Schweißbildung
  • ggf. Zyanose (Blaufärbung) der Lippen
  • verringerter Harndrang (bis hin zu Nierenversagen)
  • metabolische Azidose (Übersäuerung des Körpers aufgrund des Sauerstoffmangels in den kleinen Gefäßen)
  • zunehmende Bewußtseinstrübung
  • zunehmende Kreislaufzentralisierung

All diese Symptome können, sobald eine Anaphylaxie 2. Grades eingetreten ist, auch nach einem Insektenstich eintreten.

Man spricht auch von einer sog. Schock-Spirale, die letztendlich zu einem Kreislaufversagen führt.

Wegen der Zentralisierung des Kreislaufes sollte der Patient auch etwas warm gehalten werden (auch im Sommer).

Wie sieht die weitere Therapie aus?

Zur Beobachtung muß ein Patient nach anaphylaktischem Schock auf die Intensivstation - auch dann, wenn ein Kreislaufzusammenbruch verhindert wurde.

Die vor und während dem Transport notwendige Intensivtherapie besteht in der Gabe von Sauerstoff über die Nase oder eine Gesichtsmaske, einer Infusion mit einer Vollelektrolytlösung sowie Gaben von Antihistaminika (Feinstil, Ranitidin) und hochdosierten Glukokortikoiden. Zusatzmedikamente gegen die Asthasymptomatik und Ödeme im Rachenbereich sind etwa Theophyllin oder Diazepam.

Als Notfallset bei bekannter Insektenstichallergie empfehlen sich:

  • Fenistil-Tropfen
  • ein Pen mit Adrenalin oder Epinephrin oder ein Epinephrin-Inhalator
  • ein Glukokortikoid in flüssiger Form, z.B. Celestamine-Tropfen)
Quellen und weiterführende Links

Bisher sind in dieser Reihe erschienen:
Das ABCDE-Schema
Die Anamnese