Toxeus magnus
Ihr ameisenähnliches Aussehen (eine Form von Mimikry) schützt Toxeus magnus vor auf Spinnenjagd spezialisierten Wespen der Familie Pompilidae, was jedoch nicht Thema des heutigen Artikels sein soll. :)
Allerdings machten chinesische Verhaltensökologen um Zhanqi Chen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften vor kurzem eine erstaunliche Entdeckung, welche sie in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten[1]: Weibliche Exemplare der Springspinnenart Toxeus magnus[2} produzieren eine milchähnliche Flüssigkeit, die gemäß chemischer Analysen einen ca. viermal so hohen Proteingehalt wie Kuhmilch aufweist, und von der sich ihr Nachwuchs bis kurz vor Erreichen der Geschlechtsreife ernährt.
Interessant, wie sich im Laufe der Evolution immer wieder ähnliches Verhalten (in diesem Falle das Säugen von Jungtieren, das überraschenderweise nicht nur Säugetieren vorbehalten ist) mehrmals, unabhängig voneinander, analog entwickelt. An dieser Stelle erlaube ich mir für den interessierten Leser noch einen kurzen Verweis auf ebenfalls 'säugende' Vögel[3] und Fische (Studie[4]).
Wie die Wissenschaftler berichten, sind die Jungspinnen während der ersten ca. zwanzig Tage ihres Lebens auf diese 'Muttermilch' angewiesen. Während das Spinnenweibchen diese Flüssigkeit zunächst tröpfchenweise im Nest absetzt, saugen die Spinnenbabys nach einer Woche ihre Milch direkt am Abdomen der Mutter, dort, wo sie aus dem Geburtskanal austritt, auf. Die Forscher spekulieren, die milchähnliche Flüssigkeit bilde sich aus verflüssigten unbefruchteten Eiern, mit denen bekanntlich einige andere Wirbellose und Amphibien ihren Nachwuchs füttern.
Selbst nach diesem ersten Lebensabschnitt, wenn die jungen Spinnen damit beginnen, tagsüber auf Nahrungssuche zu gehen, versorgt die Mutter sie bis zum Alter von ca. 40 Tagen nachts weiterhin mit Nährflüssigkeit. Überlebt in der Regel etwa 75 % des Nachwuchses, waren es in Nestern, aus denen die Mutter entfernt wurde, nur ungefähr 50 %. Interessanterweise ist es zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr in erster Linie die Muttermilch, welche die Überlebenschancen erhöht: Blockierten die Forscher den Milchfluss, ließen das Muttertier aber dennoch im Nest blieb die Überlensrate der Jungtiere weiterhin hoch. Grund dafür dürfte sein, dass die Mutter, zusätzlich zur Milchproduktion, das Nest mittels der Entsorgung der von ihren Kindern produzierten Abfälle sauberhält und bei Bedarf Schäden behebt.
Töchter dürfen bis ins Erwachsenenalter mit der Mutter zusammenleben - womöglich verringert deren Putzverhalten die Parasitenlast im Nest. Die männlichen Jungspinnen müssen bereits etwas früher eigene Wege gehen, eine Vorkehrung, die aller Wahrscheinlichkeit nach der Prophylaxe vor Inzucht dient.
Obwohl Brutpflege in dieser intensiven Form bei Spinnen bisher noch nicht beobachtet worden war, wurden ihren Nachwuchs fütternde Arachniden bereits früher beschrieben:
Wie Forscher der Universität Nancy herausfanden, stellt die Trichternetzspinne Coelotes terrestris[5] ihren Jungtieren drei verschiedene Arten von Nahrung zur Verfügung: Von ihr erbeutete Organismen, selbst ausgeschiedene Nährflüssigkeiten und - es mag makaber klingen - ihren eigenen Körper.[6]
Weibchen der Art Amaurobius ferox[7] stellen ihren Nachkommen der ersten Generation Eier der folgenden Generation (deren Reifung durch spezifische Interaktionen zwischen Mutter und bereits gechlüpften Jungtieren unterbunden wird) als Futterquelle zur Verfügung.[8]
Zum Schluss noch der Link zu einem von "Spiegel Online" präsentierten Video über die chinesischen Wissenschaftler und ihr Forschungsobjekt.[9]