Genug empört, jetzt gibt's Pfannkuchen – Enough outrage, now it's time for pancakes DE/EN

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Deutsch

Sich zu empören ist manchmal notwendig. Irgendwo muß der Ärger ja auch raus, will man nicht implodieren. Doch gibt es auch eine Empörungserschöpfung bei der man letztendlich ebenso … implodiert. Mea culpa; hab’ nicht aufgepasst und bin implodiert. Damit ist nun Schluß.

Eigentlich hatte ich schon einen Weg gefunden die grausige kognitive Dissonanz, die kollektive Psychose, die mich zornig machte, zu kanalisieren. Diese innere Technik entstand nach meinem „Informations-Burn-Out“ Anfang des Jahres, wo eine drückende Leere über mich gefallen ist. Die Mühe seine Liebsten und Nächsten auf die Verbrechen aufmerksam zu machen glich dem Bild eines Menschen, der versucht die Leute auf der anderen Seite der Alpen zu erreichen. Man schreit sich nur heiser, und nicht mal das Echo kommt drüben an. Nach ein paar Monaten Rückzug faßte ich den Entschluß den Zorn umzuwandeln. Das heißt; jedesmal wenn mich die Wut und Empörung packt, nehme ich diese destruktive Kraft und leite sie in eine positive Handlung um. Seitdem poope ich nicht mehr in Nachbars Garten, sondern nehme Stift und Papier und übe das Schreiben. Oder ich meditiere über das gegenstandslose Bewußtsein, anstatt mich in Gewaltphantasien zu verausgaben. Klingt meinetwillen banal, aber als jemand, der völlig frei von „Weltlösungen“ ist, beschränke ich mich auf die paar Meter Wirkungsradius, die mir zur Verfügung stehen, und agiere dort.

Deshalb sind alle Energien in diese Richtung gelenkt. Es ist nicht nötig alles das zu wiederholen, was andere hier, oder an anderen Orten, schon hervorragend analysieren und formulieren. Es gibt keinen Grund eine weitere Stimme der inzwischen zur Kakophonie angeschwollenen Echokammer beizufügen. Somit versuche ich ab diesem Post nicht mehr die Empörung zu kultivieren, sondern eine positive Handlung zu ersinnen, die in bescheidenstem Maße umsetzbar ist. Das wird zwar nicht immer gelingen, aber alles gelingt eh nicht immer (so wie dieser Satz).

Eigentlich hat mir das Leben diese Herangehensweise beigebracht. Als Beispiel: Wer kennt nicht das Chaos, welches entsteht, wenn man hektisch ist? Alles fällt aus der Hand, man vergißt das Wichtigste, man stößt sich den kleinen Zeh am Tischbein an. Oder wenn man unter Zeitdruck durch die Stadt hetzt und permanent jemand im Weg steht. Versucht man das Tempo zu drosseln und die Hektik zurückzulassen, so läuft es sich plötzlich ganz einfach durch die Menschenmenge. Wie ein Faden durch’s Nadelöhr. Oder wer hat sich nicht schon in einen heftigen Streit verwickelt und erst dann eine Versöhnung erzielt, sobald man ruhig nach dem Grund des Konfliktes gefragt hat?

Die Empörungsorgie ist – bei mir zumindest – wegen dem Überangebot, und die durch die Wiederholung verstärkte Informationsflut entstanden, welche ich als normaler Mensch einfach nicht mehr bewältigen konnte. Wie an feinen grauen Fäden hing ich jede freie Sekunde am Bildschirm und tippte und swipte mich durch den Abyss der anbrechenden schönen neuen Welt, und konnte mich nicht von den Widerhaken befreien. Um all die Themen zu begreifen hätte ich ein Fachmann sein müssen auf mehr Gebieten, als 30 Menschen in ihrem Leben hätten schaffen können. Nicht nur die Welt der anderen, sondern auch meine wurde von dem höhnisch spöttelnden Leviathan bedroht, der nach der Krone der Welt griff. So trennte ich mit einem Hieb diese Obsession durch und nahm Stift und Papier in die Hand. Und das tue ich bis jetzt.

Die Lösung, alles händisch zu schreiben bevor ich es abtippe – auch diesen Post – ist zwar mit einem Mehraufwand verbunden, aber es erfüllt seinen Zweck. Denn es geht mir erstens dadurch besser, aber vor allem; ich bin wieder verbunden mit meinen Gedanken! Schwer zu beschreibendes Gefühl, aber es ist als würde ich in den Gedanken leben, und nicht im Bildschirm. Klingt vielleicht seltsam – ich weiß. Ein anderer Vorteil ist die vollständige Abwesenheit der Autokorrektur. Es ist sehr befriedigend die Rechtschreibung ins Gedächtnis zurückzurufen. Alles in allem ist es ein belebendes Gefühl, und eine effektive, wenn auch simple, Therapie. Schreibe ich aber direkt in den Rechner, dann zersplittern mir die Gedanken und die Form zerrinnt. Ich bin dann nicht ganz anwesend. So mein subjektives Empfinden.

So ist die Entscheidung händisch zu schreiben meine Antwort auf das überbordende digitale Leben, welches mich mir selbst entfremdet hat. Das Digitale wird nicht vollständig verbannt, sondern als ein Werkzeug benutzt, ein Mittel zum Zweck, was es vom Wesen her auch ist.

Zum Schluß erwähne ich noch, daß ich noch ein paar wenige Posts übrig habe, in denen ich empört gewesen sein werde (Satzbau? War das jetzt richtig?). Es sind drei oder vier, die gewisse Themen zu einem Abschluss bringen, bevor ich dann auf die positive Handlung umschwenke. Denn anders kann ich nicht mehr gesund bleiben in einer Welt, wo der Mob in den Flammen des Scheiterhaufens für Gedankenverbrecher grölend seine Bratwürste grillt.

Apropos Bratwürste: Ich mache mir heute Pfannkuchen. Denn während des ersten Lockdowns habe ich mir das Kochen beigebracht. Das war auch so eine bereichernde „Lösung“.

Und jetzt wirklich noch ein Letztes: Was habt ihr für Methoden ausgetüftelt um euch bei Sinnen zu halten? Ich probiere gerne alles :)



English

Sometimes it is necessary to be outraged. The anger has to ventilate somewhere, if one doesn't want to implode. But there is also an exhaustion of indignation in which one ultimately implodes as well. Mea culpa; I didn't pay attention and imploded. This is ending now.

Actually, I had already found a way to channel the horrible cognitive dissonance, the collective psychosis that made me angry. This inner technique came about after my "information burn-out" earlier this year, where an oppressive void fell over me. The effort to make one's loved ones and close ones aware of the happening crimes was like the image of someone trying to reach the people on the other side of the Alps. One only shouts oneself hoarse, and not even the echo reaches the other side. After a few months of retreat, I made the decision to transform the anger. That is; every time anger and indignation took hold of me, I took this destructive force and redirected it into a positive action. Since then, instead of pooping in my neighbor's yard, I take pen and paper and practice writing. Or I meditate on non-objective consciousness instead of indulging in violent fantasies. Sounds banal if you will, but as someone who is completely void of "world solutions", I limit myself to the few meters of radius of action that are available to me, and act there.

Therefore all energies are directed in this direction. It is not necessary to repeat everything what others here, or in other places, already excellently analyze and formulate. There is no need to add another voice to the echo chamber that has swelled to cacophony in the meantime. Thus, as of this post, I am no longer trying to cultivate outrage, but to devise a positive action that can be implemented to the most modest degree. This won't always succeed, but everything doesn't always succeed anyway (like this sentence for example).

Actually, life has taught me this approach. As an example: Who doesn't know the chaos that occurs when you are hectic? Everything falls out of your hand, you forget the most important things, you stub your little toe on the table leg. Or when you are rushing through the city under time pressure and there is always someone in the way. If you try to slow down and leave the hustle and bustle behind, suddenly it's easy to walk through the crowd. Like a thread through the eye of a needle. Or who hasn't gotten into a heated argument and only achieved reconciliation after calmly asking the reason for the conflict?

The orgy of indignation has arisen - for me at least - because of the oversupply, and the flood of information intensified by repetition, which I simply could no longer cope with as a normal person. As if on fine gray threads, I hung unto the screen every free second, typing and swiping my way through the abyss of the dawning brave new world, and could not free myself from the barbs. To grasp all the issues I would have had to be an expert in more fields than 30 people could have managed in a lifetime. Not only the world of others, but also mine was threatened by the sneering Leviathan who was reaching for the crown of the world. So with one stroke I severed that obsession and took pen and paper in hand. And that's what I've been doing ever since.
The solution of writing everything by hand before I type it up - including this post - does involve extra work, but it serves its purpose. Because first of all it makes me feel better, but more importantly; I am reconnected with my thoughts! A hard to describe feeling, but it's like I live in the thoughts, and not in the screen. May sound strange, I know. Another benefit is the complete absence of autocorrect. It is very satisfying to practice and perfect the spelling. All in all, it's an invigorating feeling, and an effective, if simple, therapy. But if I write directly into the computer, my thoughts fragment and the form dissipates. I am then not completely present. This is my subjective feeling.

So the decision to write by hand is my answer to the overflowing digital life, which has alienated me from myself. The digital is not completely banished, but used as a tool, a means to an end, which it is by nature.

Finally, I mention that I have a few posts left in which I will have been outraged (sentence structure? Was that correct now?). There are three or four that bring certain issues to a conclusion before I then turn to positive action. Because there's no other way I can stay sane in a world where the mob cheeringly grills its bratwursts, in the flames of the funeral pyre for thought criminals.

Speaking of sausages: I'm making myself pancakes today. Because during the first lockdown, I taught myself how to cook. That was also such an enriching „solution“.

And now really one last thing: what methods have you come up with to keep yourself sane? I like to try everything :)

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