Die 90s!! 🤩 The 90s!! DE/EN

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(Foto von eldonnews.org)

Deutsch

Beim Morgentee schoß mir ein Lied durch den Kopf, welches mich in Zeiten zurückkatapultierte, wo das Leben ein permanenter Adrenalinrausch war. OK, ich übertreibe ein wenig; aber es war zumindest gefühlt jeder Tag ein Leben in sich. So waren sie nämlich, die 90er! Ja, ja, ich weiß – bevor Ich jetzt das Loblied singe schicke ich voraus, daß es mir bewußt ist wie jeder so seine Dekade/n hat. Das hängt mit dem Lebensalter und der ihr eigenen Dynamik zusammen. Meine Mutter hatte die 60/70er, die heutigen Kids werden die 00er, vielleicht die 10er haben, usw.. Aber für mich sind die 90er das letzte analoge Jahrzehnt, in dem wir unseren Spaß auf den Straßen und Feldern hatten, und die Liebe noch unerschlossenes Terrain.
In den 90ern war die Zeit als ich mit Freunden in einem VW-Käfer nach Marokko fuhr und wir auf Campingplätzen zelteten, da wir einfach Abenteuer brauchten. Es war die Zeit der ersten ernsten Liebschaften, von Ekstase und bitterer Enttäuschung. Die Träume brannten uns so sehr, daß wir in unserer Naivität alles für möglich hielten und die Welt einfach nicht groß genug war. Sicherlich muß alles auch ein Ende finden, und die Zeit des ungezügelten Lebens wurde durch den Kater der Realität eingeholt. Aber ich bin froh es erlebt zu haben.
In den 90ern bin ich volljährig geworden und kam aus einer Zeit geprägt von Herbert Grönemeyer, Falco, Level 42, Public Enemy und Eric B. & Rakim in eine, die die Phase der Selbstsuche mit dem perfekten Soundtrack bespielte.
Es war zu meiner Lehrzeit im Einzelhandel, als mich ein Freund anrief, der mir schon seit Tagen in den Ohren lag mit einer Band, die ich unbedingt hören sollte. Das es kein Internet gab waren wir abhängig von Radio und Fernsehen und mußten einfach warten. Er machte zu der Zeit seine Ausbildung als Hotelfachmann und war gerade bei der Zimmerreinigung. Das erste was er immer beim Betreten der Zimmer tat war den Fernseher auf MTV zu schalten. Endlich lief das Lied und er rief mich in der Filiale an: Ich solle sofort in die Fernsehabteilung und MTV anmachen! Und dann hörte ich endlich das Lied, das zu einem festen Bestandteil meines Soundtracks werden sollte:

Da ich den Abspann verpasste wußte ich aber nicht wer diese Band war und wie dieses Lied hieß und mußte ein paar Tage warten, bis unser Musikfachhändler die Regale füllte, da keiner meiner Kollegen mir weiterhelfen konnte. Er dagegen war ein wandelndes Lexikon und nach meiner kurzen Schilderung griff er blind in einen seiner Kartons und zückte das Album „Nevermind“ raus, und reichte es mir mit einem Grinsen. Die Platte lief von da ab in Dauerschleife bis die Nadel abfiel. Der Sound und die Stimmung entsprachen meiner Wahrnehmung der Welt, und fortan gab es keine Party, auf der diese Lieder nicht gespielt wurden. Natürlich gab es noch andere Musik zu entdecken; wie Jimi Hendrix, Blood, Sweat and Tears, Bill Withers, Tom Waits usw., aber es gab jetzt auch für uns, die wir das Leben unabhängig von den Eltern für uns selbst entdeckten, einen Soundtrack. Red Hot Chilli Peppers, Tori Amos, Soundgarden, Skunk Anansie oder Mr. Bungle.
Als aufstrebender Musiker schmiss ich die Lehre natürlich hin und widmete mich komplett dem Traum es eines Tages zu schaffen. Die Gitarre hing immer über meiner Schulter und man sah mich nie ohne. Nur auf der Baustelle als Veranstaltungstechniker legte ich sie ab. Irgendwie mußte ich ja Geld verdienen. Und so wurden die Haare lang, die Hosen löchrig und das Portemonnaie leer. Ein wandelndes Klischee. Aber es hat Spaß gemacht.
Auch die Liebe brannte lichterloh, hinterließ aber oft verbrannte Erde. Mit einer großen Liebe von damals fuhr ich ganze Nächte durch die Gegend, wo wir Dübel rauchten und im Autoradio die Musik von Portishead, oder Massive Attack die Stimmung noire prägte. Wir waren sehr, sehr eng. Heute aber weiß ich nicht wo sie ist und was sie macht.
Alles in allem war jeder Tag neu und voller Ereignisse. Das ganze Leben war ein Kick, ein Rausch, der nicht aufhören sollte.
Mit dem Anbruch der 00er Jahre klopfte eine neue Zeit an die Tür; der langsame Übergang in die digitale Welt. Wir entdeckten für uns Myspace, Tunecore, CDBaby und sahen unsere Chance unsere Träume zu erfüllen. Es war aufregend! Aber nach und nach setzte der Kater ein. Der Freundeskreis wurde kleiner und jeder war mit seinem Leben beschäftigt. Früher noch auf Raves mit Ecstasy, waren die schlaflosen Nächte nur noch den Neugeborenen geschuldet, und die Wochenenden dienten der Erholung von einer langen Arbeitswoche. Die meisten haben ihre Instrumente an die Wand gehängt, oder im Keller verstaut, und greifen diese nur noch sporadisch auf. Unsere Haare wurden kürzer und grauer – unsere einstigen „Helden“ wurden inzwischen auch alt, oder starben – und die überschüssigen Kilos krallten sich hartnäckig an unseren Problemzonen fest. Die Träume sind noch da, aber sie haben ihre Naivität auf dem Schlachtfeld des Lebens eingebüßt.
Das ist alles gut und soll auch so sein. Ein ewiges Leben im Gestern wäre nichts für mich. Schließlich hat jede Zeit ihren Zauber. Mein Schutzengel dankt es mir auch, denn ich habe ihn wirklich sehr in Anspruch genommen. Ich glaube er ist froh, daß ich nicht mehr um Mitternacht über die unbeleuchteten Straßen Marokkos fahre, mit dem Atlantik zur Linken, und der Schlucht zur Rechten, oder noch auf Kräne hochklettere mit viel zu viel Promille … Irgendwann muß auch Schluß sein, und mir fehlt so oder so die Energie für diese Eskapaden. Aber ab und zu vermisse ich dieses Lebensgefühl meiner 20er; die Leichtsinnigkeit, die Energie und das ewig Neue, wo alles durchzogen ist von einem verzehrenden Feuer und der Schlaf nur eine unumgängliche Notwendigkeit war. Heute kann ich ohne Schlaf nicht mehr so gut, und ich schreibe lieber über wilde Abenteuer als sie wirklich anzugehen; schließlich wird es kalt draußen und ohne lange Unterhose gehe ich nicht raus. Zum anderen macht da mein Rücken nicht mit. Da ist es komfortabler in Erinnerungen zu schwelgen.
Ach ja; das Lied welches meine Nostalgie triggerte wollte ich eigentlich zeigen:

Und was ist denn euer Soundtrack?



English

Over morning tea, a song popped into my head that catapulted me back to times when life was a permanent adrenaline rush. OK, I exaggerate a little; but it at least felt like every day was a whole life in itself. That's how they were, the 90s! Yes, yes, I know - before I sing the praise I send ahead that I am aware how everyone has his decade/s. It has to do with age and its own dynamics. My mom had the 60s/70s, today's kids will have the 00s, maybe the 10s, and so on. But for me, the 90's is the last analog decade where we had our fun in the streets and fields and love was still unexplored terrain.
The 90s was the time when I went to Morocco with friends in a VW Beetle and we camped at campgrounds because we just needed adventure. It was the time of the first serious love affairs, of ecstasy and bitter disappointment. The dreams burned us so much that in our naivety we thought everything was possible and the world was just not big enough. Surely everything must come to an end, and the time of unbridled life was caught up by the hangover of reality. But I am glad to have experienced it.
I came of age in the '90s and went from a time dominated by Herbert Grönemeyer, Falco, Level 42, Public Enemy and Eric B. & Rakim to one that played on the phase of self-searching with the perfect soundtrack.
It was during my apprenticeship in retail, when a friend called me, who had been in my ears for days with a band I should absolutely listen to. There was no Internet, we were dependent on radio and television and just had to wait. He was doing his training as a hotel manager at the time and was just cleaning the room. The first thing he always did when entering the room was to turn on the TV to MTV. Finally the song came on and he called me at the branch: I should immediately go to the TV department and turn on MTV! And then I finally heard the song that was to become a permanent part of my soundtrack:

Since I missed the credits, I didn't know who this band was or what the song was called, and I had to wait a few days until our music expert stocked the shelves, since none of my colleagues could help me. He, on the other hand, was a walking encyclopedia and after my brief description, he blindly reached into one of his boxes and pulled out the album "Nevermind" and handed it to me with a grin. That record played from then on in continuous loop until the needle fell off. The sound and the mood matched my perception of the world, and from then on there wasn't a party where these songs weren't played. Of course, there was other music to discover; like Jimi Hendrix, Blood, Sweat and Tears, Bill Withers, Tom Waits, etc., but there was now a soundtrack for us, we who were discovering life for ourselves independent of our parents. Red Hot Chilli Peppers, Tori Amos, Soundgarden, Skunk Anansie or Mr. Bungle.
As an aspiring musician, I naturally quit the apprenticeship and dedicated myself completely to the dream of making it as a musician one day. The guitar was always hanging over my shoulder and you never saw me without it. Only on the construction site as an event technician I put it down. Somehow I had to earn money. And so my hair became long, my pants full of holes and my wallet empty. A walking cliché. But it was fun.
Love also burned brightly, but often left scorched earth. With a great love from that time I drove whole nights through the area, where we smoked weed, and in the car radio the music of Portishead, or Massive Attack shaped the mood noire. We were very, very close. Today, however, I don't know where she is or what she's doing.
All in all, every day was new and full of events. All of life was a kick, a rush that should not stop.
With the dawn of the 00s, a new era knocked on the door; the slow transition into the digital world. We discovered Myspace, Tunecore, CDBaby for ourselves and saw our chance to fulfill our dreams. It was exciting! But little by little, the hangover set in. The circle of friends became smaller and everyone was busy with their own lives. Before, we used to go to raves with ecstasy, but now the sleepless nights were dedicated only to the newborns, and the weekends were for recovering from a long week of work. Most of the others hung their instruments on the wall or stowed them away in the basement, picking them up only sporadically. Our hair became shorter and grayer - our former "heroes" were also getting old, or died, in the meantime - and the excess kilos clung stubbornly to our problematic zones. The dreams are still there, but they have lost their naivety on the battlefield of life.
That's all good, and it's meant to be. Permanently living in the yesterday would not be for me. After all, every period has its magic. My guardian angel also thanks me, because I have really taken a lot out of him. I think he's glad that I no longer drive at midnight over the unlit streets of Morocco, with the Atlantic Ocean to my left and the gorge to my right, or climb up cranes with far too much alcohol ... At some point I have to stop, and I also lack the energy for these escapades. But every now and then I miss that feeling of life in my 20s; the recklessness, the energy and the eternal newness, where everything is permeated by a consuming fire and sleep was only an unavoidable necessity. Today I can't do so well without sleep, and I'd rather write about wild adventures than actually tackle them; after all, it gets cold outside and I don't go out without long underpants. On the other hand, my back won't cooperate. It's more comfortable to reminisce.
Oh yes; I wanted to show you the song that triggered my nostalgia:

And what is your soundtrack?

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Ecency