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Deutsch
Gestern telefonierte ich mit einer sehr geschätzten Pianistin, mit der ich gemeinsam Lieder für das TV schreibe. Sie wollte nachfragen wieviele Platzierungen wir inzwischen haben, und wie wir weitermachen. Im Laufe des Gespräches kamen wir auf ihr neues Album, welches komplett analog eingespielt wurde, da sie inzwischen eine richtige Aversion gegen alles Digitale entwickelt hat, bis hin zu körperlichen Abwehrerscheinungen. Sie sprach das aus, was ich seit Jahren immer stärker empfinde.
(Das wird übrigens kein Technik-ist-blöd Post. So einseitig betrachte ich es nicht).
Nach dem Telefonat am Abend saß ich dann vor dem Rechner und legte ein Lied neu auf, welches ich vor 15 Jahren geschrieben habe. Beim Arbeiten fühlte ich ein starkes Unbehagen. Zu jener Zeit war meine Arbeitsweise stark an den PC angepaßt. Die Riffs waren damals nur blockweise eingespielt und per Copy+Paste dupliziert und verschoben, und anschließend editiert, damit es „sauber“ klingt. Auch die Beats waren so hart quantisiert – also auf Perfektion getrimmt – wie sie kein Mensch spielen kann, noch sollte. Alles in allem war es ein Missbrauch der Ästhetik und ein Dokument meiner Verwahrlosung als Musiker. Denn meine Lieder wurden schlechter, und als Performer entwickelte ich mich rückwärts.
Das ist mir irgendwann aufgefallen und mein Workflow hat sich verändert. Heute komponiere ich das Lied erst auf dem Instrument (meist der Gitarre), bevor jede Spur komplett in einem Take eingespielt wird. Keine Edits, kein hin- und herschieben. Auch die Software ist so eingerichtet, daß es eine (virtuelle) Konsole gibt und eine (virtuelle) Bandmaschine. Abgesehen von dem organischeren Sound ist der Vorteil auch der, daß es keine unnötigen Ablenkungen gibt und die Musik im Mittelpunkt steht. Als Musiker werde ich dadurch mehr gefordert und gleichzeitig gefördert.
So weit so gut, aber es hat sich noch eine weitere Unart etabliert: Ich sitze alleine vor dem Rechner. Heutzutage werden die Files an die Musiker geschickt, und die schicken es mit ihren Spuren eingespielt zurück. Das ist kostengünstig, schnell, praktisch, bequem … und völlig frei von Menschlichkeit. Die Magie die entsteht wenn Musiker in einem Raum zusammenspielen und sich gegenseitig die Ideen zuwerfen – die Qualität und Kreativität, die am Ende etwas besseres entstehen läßt als man alleine hinkriegen kann – ist online nicht zu emulieren. Die Isolation führt zur Vereinsamung, wird aber verdeckt durch die Illusion man wäre ja connected und alles passiert immer und überall gleichzeitig.
Das ist aber nicht nur in der Musik so. Diese Erfahrung habe ich auf so gut wie allen Lebensbereichen gemacht. Die Messenger, die Social Media, die online Petitionen, Emails, die „Bildung“ – man hat eine Überfülle an allem, und findet sich dann doch alleine vor dem kleinen, sowie großen Bildschirm.
Und das mache ich nicht mehr mit.
So habe ich das Digitale zwar schon Schritt für Schritt reduziert, doch werde ich die Entnetzung konsequent durchziehen. Wir wissen alle, daß wir gläsern sind und alles abgelesen wird was wir machen. Aber mit dem derzeitigen Weltgeschehen, der Zensur der BigTech Firmen, dem partiellen Verlust der Grundrechte ist die Fahrtrichtung ganz klar. Irgendwann werden sie nachschauen wer was konsumiert und wer ein guter Bürger, und wer ein Gedankenverbrecher ist. Ich übertreibe? Vielleicht. Glaube ich aber nicht. Ich halte es eher für naiv die sich überschlagenden weltweiten Entwicklungen auf die leichte Schulter zu nehmen.
Es ist also nur eine Frage der Zeit bis Cyberpolygon in Kraft tritt und das Internet abgeschaltet wird, um es zentralisiert und kontrolliert neu zu installieren. Ich könnte mich jetzt darum bemühen mit Techfreaks Wege und Geräte zu finden, die diese Zensur umgehen, aber ich kenne mich da nicht aus und habe auch nicht das Bedürfnis da rumzubasteln. Deshalb steige ich aus. Es gibt andere Alternativen.
Den Fahrplan habe ich schon. Da ich noch ein teures Abo laufen habe bis ca. nächsten Sommer, nutze ich jetzt das Internet und seine Möglichkeiten. Aber mein Smartphone schaffe ich ab und ersetze es mit einem Handy das rein gar nichts kann, außer telefonieren und SMS per Zahlentasten eintippen. Und das Navi ersetze ich mit einer Papierkarte. Die noch anliegenden Produktionen schließe ich ab und verkaufe dann mein Studio um wieder der Musiker zu sein der ich mal war. Es reicht mir wenn ich in einem kleinen Kreis eine Jamsession veranstalte, oder meine Stücke nur live zu hören sind. Und es wird toll sein wieder mit Musikern zusammen etwas zu kreieren! Meine Social Medias lösche ich sukzessive (außer HIVE). Die Kryptowelt nutze ich noch solange ich die Möglichkeit sehe meine Idee zu verwirklichen. Alles in allem richte ich mein Leben so ein, das wenn der Schalter umgelegt wird, ich nichts vermissen werde.
Man mag mir die apokalyptische Gesinnung verzeihen, aber die Welt – also die ganze Welt – gerät aus den Fugen. Und die Freiheit des Internets ist auch in Gefahr, und ich glaube es wird kontrolliert werden. Ich sehe da keinen Ausweg. Natürlich wird dieser Zustand – einmal installiert – nicht ewig währen. Vielmehr wird dann, wenn alles in Schutt und Asche liegt, die Menschheit sich wieder aufraffen und neue Strukturen anlegen. Vielleicht hat dann die Moral gegenüber der technologischen Entwicklung aufgeholt. Aber das Leben ist analog und es ist auch viel schöner so. Ich freue mich darauf mit weniger, aber dafür echterem durch die Tage zu gehen.
Ich hoffe ich bin jetzt keine persona non grata! Also kein FUDer. Es ist überhaupt nicht so, daß mir vor Sorgen die Haare ausfallen, ich mich jeden Abend in den Schlaf saufe und schon einen Bunker buddle mit Wasserfilter und Kurbelradio. Ganz und gar nicht. Es ist eine unglaubliche Erfahrung in dieser Zeit zu leben, und wenn’s schlimm wird, dann wird’s halt schlimm. Kann man ja nie wissen wo man steht wenn’s los geht. Deshalb ist weder mein Optimismus, noch die Lebensfreude verglimmt. Und deshalb werde ich mein Unwesen hier – auf meiner Lieblingsplattform – weiter treiben. HIVE ist für mich das, was das Internet sein könnte – wenn es doch nur noch mehr Menschen wertschätzen könnten! Aber die, die da sind, machen diesen virtuellen Ort zu dem was es ist. Als würde man sich in einer Kneipe begegnen, auf einer Wanderung, oder an einer Bushaltestelle und sich spontan unterhalten. Einige teilen ihre Erlebnisse und Gedanken mit und ich freue mich jedesmal auf einen neuen Post in der Timeline. Auch wenn ich ein wenig offline war, schaue ich zumindest jeden Tag in HIVE rein. Und so werde ich weiter schreiben, weiter kommentieren und weiter lesen – also die Idee von HIVE unterstützen – solange das freie Internet noch da ist. Denn beim durchforsten der eigenen digitalen Existenz und der Fragestellung was mir fehlen wird, ist ganz eindeutig gewesen, daß HIVE für mich die sympathischste Plattform ist, und das Monetäre nicht im geringsten im Vordergrund steht. Also genieße ich es hier.
Solange bis der Schalter umgekippt wird.
English
Yesterday I spoke on the phone with a very appreciated pianist with whom I write songs for TV. She wanted to ask how many placements we have in the meantime, and how we continue. In the course of the conversation we came to her new album, which was recorded completely analog, because she has now developed a real aversion to everything digital, to the point of physical defensive symptoms. She voiced what I've been feeling more and more strongly for years.
(This won't be a technology-is-stupid post, by the way. I don't view it that one-sidedly.)
Then after the evening phone call, I sat in front of the computer and put on a new song I wrote 15 years ago. As I worked, I felt a strong sense of unease. At that time my way of working was strongly adapted to the PC. Back then, the riffs were just recorded in blocks and duplicated and moved via copy+paste, and then edited to make it sound „nice“. The beats were also so hard quantized - trimmed to perfection - that no human could, nor should, play them that way. All in all, it was an abuse of aesthetics and a document of my neglect as a musician. Because my songs were getting worse, and as a performer I was going backwards.
I noticed that at some point and my workflow changed. Today, I compose the song on the instrument first (usually the guitar) before recording each track completely in one take. No edits, no moving back and forth. Also the software is set up so that there is a (virtual) console and a (virtual) tape machine. Apart from the more organic sound, the advantage is also that there are no unnecessary distractions and the music is the focus. As a musician, it challenges me more and encourages me at the same time.
So far so good, but another bad habit has established itself: I sit alone in front of the computer. Nowadays, the files are sent to the musicians, and they send it back with their tracks recorded. It's cheap, fast, convenient, comfortable ... and completely devoid of humanity. The magic that happens when musicians play together in a room and throw ideas at each other - the quality and creativity that ends up with something better than you can do alone - is impossible to emulate online. The isolation leads to loneliness, but is masked by the illusion that you are connected and everything is happening everywhere at once.
But that's not only the case in music. I have made this experience in almost all areas of life. The messengers, the social media, the online petitions, emails, the "education" - you have an overabundance of everything, and then still find yourself alone in front of the small, as well as the big screen.
And I don't do that anymore.
So while I've already reduced the digital step by step, I'm going to be consistent in my de-networking. We all know that we are transparent and everything we do is read. But with current world events, the censorship of BigTech companies, the partial loss of basic rights, the direction of travel is quite clear. At some point they will look at who consumes what and who is a good citizen, and who is a thought criminal. Am I exaggerating? Maybe. But I don't think so. I think it's rather naive to take the overturning worldwide developments lightly.
So it's only a matter of time before Cyberpolygon comes into effect and the Internet is shut down to be reinstalled in a centralized and controlled manner. Now I could try to find ways and devices with techfreaks to bypass this censorship, but I don't know anything about it and I don't feel the need to tinker with it. That's why I'm dropping out. There are other alternatives.
I already have the timetable. Since I still have an expensive subscription running until about next summer, I now use the Internet and its possibilities. But I'm getting rid of my smartphone and replacing it with a cell phone that can't do anything except make phone calls and type in text messages using number keys. And I'm replacing the navigation system with a paper map. I’ll finish the remaining productions and then sell my studio to be the musician I used to be. It's enough for me if I organize a jam session in a small circle, or if my pieces can only be heard live. And it will be great to create something together with musicians again! I am deleting my social medias successively (except HIVE). I still use the crypto world as long as I see the possibility to realize my idea. All in all, I arrange my life in such a way that when the switch is flipped, I won't miss anything.
You may forgive my apocalyptic attitude, but the world - the whole world - is coming apart at the seams. And the freedom of the Internet is also in danger, and I think it will be controlled. I don't see any way out of this. Of course, this state - once installed - will not last forever. Rather, when everything is in ruins, humanity will pick itself up again and create new structures. Perhaps then morality will have caught up with technological development. But life is analog and it is much nicer that way. I look forward to going through the days with less, but more real.
I hope I'm not persona non grata now! So no FUDer. It is not at all so that my hair falls out because of worries, I drink myself to sleep every night and already dug a bunker with water filter and crank radio. Not at all. It is an incredible experience to live in this time, and if it gets bad, well, then it just gets bad. You never know where you’ll stand when it starts. That's why neither my optimism nor the joy of living has faded. And that's why I will continue to do my mischief here - on my favorite platform. HIVE is for me what the internet could be - if only more people could appreciate it! But those who are there make this virtual place what it is. It's like meeting in a pub, on a hike, or at a bus stop and having a spontaneous conversation. Some share their experiences and thoughts and I look forward to a new post in the timeline every time. Even if I've been offline for a bit, at least I check HIVE every day. And so I'll keep writing, keep commenting, and keep reading - in other words, keep supporting the idea of HIVE - as long as the free Internet is still around. Because while searching my own digital existence and asking myself what I will miss, it has been quite clear that HIVE is the most sympathetic platform for me, and the monetary is not in the least in the foreground. So I’ll enjoy it here.
Until the switch is flipped.